Lieber Augustin
Artarium
Sonntag, 23. Januar ab 17:06 Uhr
“Wie sie sehen, bin ich sehr beschäftigt. Ich habe eine Epidemie draußen wüten.”,
erklärt sich Gevatter Hein dem Volkssänger Augustin bei ihrer Begegnung in der “Roten-Dachl-Schenke”. Doch ungeachtet der unheimlichen Szenerie bringt dieser den Tod (der als Person auftritt) dazu, mit ihm Brüderschaft zu trinken. Und überlebt daraufhin sogar seinen Sturz in eine offene Pestgrube. Nun meinen manche, diese alte Überlieferung aus Wien habe einen durchaus aktuellen Bezug zur gegenwärtigen Corona-Pandemie und sollte gerade jetzt wieder aufgegriffen werden. Chapeau! Wir wiederholen daher das sozialsatirische Hörspiel “Augustin” von Ambros, Tauchen, Prokopetz aus dem Jahr 1980, das wir schon einmal unter dem Titel Weine Frohnachten spielten.
Der Dreh- und Angelpunkt dieser (so unnachahmlich dargebotenen) Volkssage ist die bereits erwähnte Begegnung von Augustin mit dem Tod: Sich verbrüdern, dem anderen ins Gesicht schauen und erkennen, wer er ist, das alles sind Symbole des Dialogs auf Augenhöhe. Man kann das auch als “vorbehaltloses Annehmen der eigenen Endlichkeit”verstehen – in einer Gesellschaft, die zum Thema Tod und Sterbenein hoch ambivalentes Verhältnispflegt: Einerseits verdrängen und abschieben ins Krankenhaus und ins Hospiz – andererseits aber überhöhen und zelebrieren mit Totengedenken und Friedhofskult. Die sprichwörtlich “fröhliche Morbidität” des speziell wienerischenUmgangs mit der Vergänglichkeit (und ihre Verbearbeitung durch Ambros/Prokopetz während der 70er Jahre) hat inzwischen ihren festen Platz in der Literaturkritik wie auch in der Wissenschaft gefunden. Heute jedoch fragen sich manche, ob solch “halblustig verblödelte” Darstellung von Lebensrausch und Seuchentod überhaupt noch gesendet werden DÜRFEN – angesichts des Ernsts der Lage ringsin und um uns …
Tatsächlich jährt sich der Beginn der Pandemie gerade zum zweiten Mal (am 23. Januar 2020 wurde die erste COVID-Infektion außerhalb Asiens nachgewiesen). Gerade deshalb tut es gut, mit einer gewissen ironischen Distanz auf jedwedes Infektionsgeschehen zu blicken – und dabei hemmungslos, heimlich, verschrullt(oder wie auch immer) zu lachen. Gerade die Karrikatur einer Situation (und sei diese noch so unangenehm) kann uns dabei helfen, ihr gelassener gegenüber zu treten. Und so tun wir, was der ORF (aus unerfindlichen Gründen) nicht tut: Die CD einlegen, auf “Play” drücken – und geht dahin! Fürchtet euch nicht und bedenket:
Zur Sendungsseite: Artarium
Alles zum Nachhören gibt es unten oder HIER
Sendungen zum Nachhören
You want it darker
“Endlich Sommer Unendlich” heißt die aktuelle Perlentaucher-Juninachtfahrt, die uns auf eine Stimmungsreise zwischen unendlichen Möglichkeiten und immer wieder eintretender Endlichkeit einlädt. Da ist es kein Wunder, dass mir dabei einiges an unbewältigtem Kindheitstrauma in den Sinn kommt. Meine Sommer werden nie wieder unendlich sein. Oder…
Die verwaltete Welt
Wir werden verwaltet – und wir verwalten uns selbst. Wie meinen? Zwischen unseren letzten zwei Sendungen, die einigermaßen begeistert über die Leseperformance “NORMAL – Eine Besichtigung des Wahns” berichteten, und unseren kommenden Radioarbeiten, die sich auf den anstehenden Sommer mit seinen illustren Festen beziehen, möchte…
Eine Besichtigung des Wahns
Gestern waren wir dann also leibhaftig im Salzburger Literaturhaus, um dem entschieden “unsalzburgischen” Programm NORMAL – Eine Besichtigung des Wahns beizuwohnen. Wir wollten wissen, wie sich so ein “Abend gegen Irrationalismus und instrumentelle Vernunft” anfühlen würde, wenn wir ihn livehaftig erleben. Und natürlich auch, wie…
Rings und Lechz
Ernst Jandl hat die Frage nach der Unterscheidbarkeit von Links und Rechts einmal mit folgendem Gedicht beantwortet: “manche meinen, rinks und lechts sind schwel zu velwechsern. werch ein illtum!” Und dem wäre nun auch wirklich nichts mehr hinzuzufügen, wenn die Frage nach Links und/oder Rechts…
Hit Me Hard and Soft
Heute begeben wir uns in ein noch nie zuvor gewagtes Experiment: Wir spielen ein ganzes Album, und zwar “Hit Me Hard and Soft”, das aktuelle Werk von Billie Eilish, das bei uns beiden doch einigermaßen unterschiedliche Gefühlsreaktionen hervorgerufen hat. Und außerdem auf unserer konsumismuskritischen Grundeinstellung…
Lass' uns einen Kommentar da