Artarium: Zupfgeigenhansel – Jiddische Lieder
Sonntag, 16. Juni 2013 ab 17:06 – Ein wichtiger Wegbegleiter im persönlichen Widerstand war dieses erstmals 1979 erschienene Album des deutschen Folkduos Zupfgeigenhansel für so einige, denen ich in den letzten gut drei Jahrzehnten begegnet bin. Zudem auch ein damals noch recht prophetisches Zeichen für die natürliche Zugehörigkeit jüdisch-traditionellen Liedguts zum etwas weiter gefassten Kanon wie auch immer “deutscher” Volksmusik. Dafür wurden Erich Schmeckenbecher und Thomas Friz (auch Fritz) entsprechend gewürdigt und gefeiert und gelten seither auch als wesentliche Wegbereiter der Klezmerbewegung im deutschsprachigen Raum. Kritiker schrieben über sie unter anderem: „Heino möge diese Lieder hören, damit er aufhört, seine zu singen.” Wir spielen für euch also die Neuauflage von 1985 mit drei zusätzlichen Titeln und einem überarbeitetem, etwas melancholischerem Arrangement.
Wie bereits in unserem Zeitzeugen-Portrait mit Marko Feingold erwähnt, ist es diese ganz besondere Gleichzeitigkeit von starken Gefühlen des Schmerzes wie der Extase, die wir speziell der jüdischen Musik, doch auch allgemein jüdischer Kulturtradition verdanken. Christlich-abendländische Traditionen unterscheiden jedoch in ernst und heiter, fröhlich und besinnlich, ja sogar in die akademischen Genres E- und U-Musik. Warum das ursächlich so gekommen ist, das stellt an sich schon eine recht interessante kulturgeschichtliche Frage dar. In Salzburg jedenfalls – das bestätigen die Wahrnehmungen besonders sensibler Jugendlicher ebenso wie jene kürzlich zugereister Südostösterreicher – verdichtet sich diese allgemeine Grundtendenz zur Abgrenzung und Einteilung noch mit einer eigentümlichen emotionalen Reserviertheit. Starke Gefühle in der Öffentlichkeit und dann vielleicht auch noch spontan zu zeigen – das ist der Salzbürger Sache nicht. Denn hier haben Emotionen im Funktionskontext stattzufinden, erwartungskonform und auf “höheren” Zuruf. “So, Kinder, jetzt freuen wir uns alle!” Wer hier seine Innenwelt im Überschwang nach außen trägt, womöglich in aller hochambivalenten Glückstraurigkeit (himmelhoch jauchzend – zu Tode betrübt), eckt unweigerlich an und wird befremdelt. Dass man jedoch dafür benachteiligt und bestraft wird, wenn man gesunderweise seine Gefühle mitteilt – das hat Thomas Bernhard zutreffend mit dem Wort “Niedertracht” bezeichnet! Wir sind ein geiles Institut!
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