Hörenswert: Barbarossa – „Lier“
Barbarossa, da war doch was. Stimmt – Mitglieder von José Gonzales‘ zauberhaften Junip sind natürlich stets willkommen! Noch dazu, wenn es sich dabei um unseren derzeitigen Lieblingsengländer handelt, der mit „Lier“ ein neues, großes und atmosphärisches Album veröffentlicht und das Songwriting erneut zur Perfektion bringt.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 11.05.18 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 17.05.18 ab 00:00 Uhr.
In den vergangenen Jahren wandelte sich James Mathé aka Barbarossa vom bärtigen Folkmusiker hin zum ambianten Elektroniker, bereits bei „Bloodlines“ von 2013 und „Imager“ von 2015 breiten sich die Soundflächen weit aus und frikeln Synths im Hintergrund – darüber stets Barbarossas Falsettgesang, als akustische Umarmung sich um einen legend.
Jetzt haut er mit „Lier“ erneut ein grandioses SlowMo-TripHop-Soul-Meisterwerk heraus und bringt auch von Komposition, über Arrangements bis hin zu den leisen, schwelenden Backgroundsounds alles spielend an den perfekten Platz. Da zahlt sich die Teamarbeit mit Ghost Culture und dem Schlagzeuger Joel Wästberg (Sir Was von City Slang) mehr als aus, ebenso der örtliche Wechsel von London in die Küstenstadt Margate.
Lier ist große Erzählung und ein Fragment, ein Status Quo zwischen Vergangenem und Kommendem
Denn „Lier“ ist eine große Erzählung und ein persönliches Fragment, ein Status Quo zwischen Vergangenem und Kommendem: das Bewusstsein, gute Dinge immer im Hier und Jetzt als solche wahrzunehmen. Zu schnell sind sie vorbei und erst in der Erinnerung wünscht man sich, man hätte es bereits damals gewusst. „Broken Beauty“, „Griptide“ oder „Don‘t Enter Fear“ erzählen feinkünstlerisch und lyrisch, das zuhörende Selbst versinkend in Pianowellen und in den schummrigen Räumen, die Mathés Stimme konstruieren. „What is happening here? / Are we all about to enter fear? / Are we holding in our hands the last chance?“ – die Geburt von Mathés erstem Kind macht die Emotionalität und den ambivalenten Gefühlszustand auf „Lier“ deutlich und gleichsam nachvollziehbar. Ein Kontrast, um den das Leben kreist wie eine Platte auf dem Teller.
Atmosphärischer Pathos, gedämpft und voll der großen Themen des Lebens. Frische elektronische Anleihen von Ghost Culture und eine Instrumentierung, die nach 70er-Science Fiction Soundtrack klingt. Letztendlich erklärt uns Barbarossa in „Aluminium Skies“, warum man sich besser der guten Dinge stets bewusst ist und warum zum Teufel wir uns die Steine immer selbst in den Weg legen: „Nobody wants to be lonely but you“.
„Lier“ von Barbarossa ist am 30. März 2018 bei Memphis Industries erschienen.
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