Hörenswert: Gossip – „Music For Men“
Ein Album, das von vorne bis hinten begeistern kann: „Music For Men“ von der US-amerikanischen Band Gossip bietet Dance-Rock vom Feinsten.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 03.07.09 ab 14:08 Uhr, Wh am Donnerstag, 09.07.09 ab 00:00 Uhr
Wer auf dem Album nach Balladen sucht oder Gitarren-Soli wünscht, ist hier fehl am Platz. Dennoch steckt in den Songs von Music For Men mehr Emotion als es in der Regel chartstypische Schmachtfetzen auszudrücken vermögen. Dafür sorgt nicht zuletzt Frontfrau Beth Ditto mit ihrer markanten Stimme, die irgendwo zwischen Punk und Soul anzusiedeln ist.
Die Songs werden von Schlagzeugerin Hannah Blilie wie das Pferd eines Jockeyreiters auf Höchsttouren getrieben und Nathan Howdeshell alias Brace Paine – Gitarrist und Bassist in Personalunion – ist auf ausladende Soli gar nicht angewiesen: es sprüht und funkt in seinem Spiel geradezu und er weiß den Songs seinen Stempel aufzudrücken, ohne sich in den Vordergrund zu drängen, auf übertriebene Effekthascherei ist er sowieso nicht aus. Gossip gelangen ohne Schnörkel, ohne große Umwege an ihr Ziel, welches da lautet, authentischen, treibenden, energiegeladenen Dance-Rock zu bieten. Gewürzt wird mal mit einer Prise Blues oder Funk, an anderer Stelle darf es New Wave sein.
Dass auf Music For Men kein unnötiger Ballast vorhanden ist, könnte auch dem Produzenten des Albums geschuldet sein: Rick Rubin, einer der wichtigsten Reglerschieber aller Zeiten. Sein Œuvre vorstellen zu wollen, würde hier jeglichen Rahmen sprengen, saß er doch seit Mitte der 80er Jahre bei Hip Hop-Größen über Metal-Legenden bis hin zu den Spätwerken von Johnny Cash während der Aufnahmen am Mischpult. Und ja, auch mit Shakira war Rubin 2005 im Studio, was aber durch seine Zusammenarbeit mit dem leider viel zu früh verstorbenen pakistanischen Sufi-Sänger Nusrat Fateh Ali Khan verziehen werden kann. Gossip (die dem Bandnamen anfangs noch ein „The“ voranstehen hatten) haben von der Zusammenarbeit mit Rubin jedenfalls profitiert, das Album wirkt sehr homogen.
Mit „Dimestore Diamond“ beginnt die CD für Gossip-Verhältnisse noch verhalten. Songs wie „8th Wonder“, „2012“ oder „Spare Me From The Mold“ sind da deutlich flotter unterwegs. Bei letzterem ist am Saxophon Dana Nielsen zu hören, die neben Lenny Castro (Percussion) und Greg Fidelmann (Percussion und Mixing) der Band im Studio Unterstützung leistete. „For Keeps“ wartet mit Synthesizern auf, ebenso „Love Long Distance“, wobei Sängerin Beth Ditto hier den Soul-Klassiker „I Heard It Through The Grapewine“ umformuliert und dadurch der Thematik einer verflossenen Liebe Nachdruck verleiht. Der Titel „Pop Goes The World“ lässt schon vermuten, dass hier Pop groß geschrieben wird, welcher mit Rock und Disco eine Symbiose eingeht. Gleiches geschieht beim langsameren Titel „Four Letter Word“ und wenn es am Jahresende darum geht, die Songs des Jahres zu küren, wird man am Track „Heavy Cross“ sicherlich nicht so ohne weiteres vorbeikommen.
Ganz im Gegensatz zur Leibesfülle von Frontfrau Beth Ditto – die sich offen zu ihrer Homosexualität bekennt und für Karl Lagerfeld eine „neue, so ganz andere Muse“ darstellt – ist auf dem CD-Cover eine eher schmächtige Frau mit Haartolle abgebildet. Diese Person (es handelt sich hierbei um Schlagzeugerin Hannah Blilie) wirkt auf dem Bild sehr androgyn, was eine Verbindung zum Album-Titel Music For Men herstellt.
Doch egal, ob Mann oder Frau: die aktuelle Platte von Gossip wird beide Geschlechter zugleich ansprechen, sei es auf der Tanzfläche, aus dem Autoradio oder beim Grillen im Freien.
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