Hörenswert: Alune Wade – “Sultan”
Mit “Sultan” legt der senegalesische Bassist sein fünftes und sicher bestes Studioalbum vor. Es erwartet uns viel Groove, Virtuosität und ein grenzenloser Genremix aus dem globalen Dorf. Gespickt mit Dutzenden von Musikern scheint “Sultan” die Essenz aus den unzähligen musikalischen Erfahrungen zu offenbaren, die Alune Wade im Laufe seines Lebens sammeln durfte. Nicht nur für BassistInnen ein absolutes Muss.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 30.09.22 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 06.10.22 ab 00:00 Uhr.
Doch vorerst seien alle Bassisten gewarnt. Hört man Wade spielen, kann man schon mal schlechte Laune bekommen. Der Ton, die Technik, gezupft UND geslappt, ist grandios. Wade setzt den Bass als Begleit- und als Melodieinstrument ein. In den halsbrecherischen Unisono-Parts wird die Nähe zu Marcus Miller sehr deutlich, für den er auch schon am Bass zum Einsatz kam. Doch Miller ist nur einer von vielen Berühmtheiten, die Wade begleitet hat. Als Sohn eines Dirigenten lernte Wade zuerst Gitarre, später kamen Klavier und Bass hinzu. Angefangen hat Wade als Bassist für den senegalesischen Sänger und Volkshelden Ismaël Lô. Es folgten Kooperationen mit den größten Namen, die das Genre hergibt: Joe Zawinul, Youssou N’Dour, Salif Keita, Lokua Kanza, Oumou Sangaré und Bobby McFerrin. Inzwischen ist Wade einer der gefragtesten Bassisten überhaupt. Insbesondere, wenn es sich um genreübergreifende Groovemusik handelt.
„Ich will musikalisch für alle möglichen Genres und Fusionen offen bleiben. Zwar habe ich Afrika vor 20 Jahren verlassen, aber meine afrikanischen Wurzeln sind immer da. Ich sehe es als meine Aufgabe, weit über bestehende Trennungslinien hinauszugehen und Grenzen zu überschreiten.“
Auch wenn Wade schon lange seinen Lebensmittelpunkt in Europa und den USA hat, ist seine Musik tief in der senegalesischen Musikkultur verankert. Das ist auch auf “Sultan” klar zu hören. Wade bringt hier sehr vieles zusammen. Insofern gleicht das Album einer musikalischen Wundertüte: Es ist ein facettenreiches Miteinander von Musikern, das die unterschiedlichsten Klangerzeuger aus aller Welt vereint. Darbuka, Bendir, Oud, Trompete, Saxophon, Klavier, diverse Flöten… all das lässt Wade auf “Sultan” zu einem harmonischen Ganzen verschmelzen. Mit dem Jazz- und Sufi-Sänger Mounir Trudi aus Tunesien findet sich auch die nordafrikanische Musiktradition vertreten.
„Ich suchte einen Musiker, der die Zusammenhänge der afrikanischen Musik versteht und eine Brücke schlagen kann zwischen der Subsahara und dem Nordafrika.“
“Sultan” ist dennoch weit davon entfernt, nach einem verschwurbelten Multi-Kulti-Mix zu klingen. Viel zu konkret sind dazu die musikalischen Vorstellungen von Wade, der mit diesem Album den derzeit so viel diskutierten Begriff der ‘kulturellen Aneignung’ ad absurdum führt, welcher im musikalischen Zusammenhang ohnehin völlig unbrauchbar ist.
„Die moderne Welt – die Globalisierung – verlangt diese Mischung von Kulturen. Die Grenzen sind offen.“
Aufgenommen wurde in Paris, New York, Dakar und Tunis. Allein dieser Umstand spricht für sich. Es gibt die ‘Musiken der Welt’, oder eben Weltmusik. “Sultan” ist ein schillerndes und grandioses Beispiel für letzteres. Darüber hinaus ist das Album unglaublich gut arrangiert und produziert. Eines der besten Alben dieses Jahres.
“Sultan” ist am 27. Mai 2022 auf Enja erschienen.
Personell:
Alune Wade (bass, vocals); Christian Sands (piano); Bobby Ray Sparks (keyboards); Hugues Mayot (tenor saxophone, baritone saxophone, soprano saxophone); Carlos Sarduy (trumpet); Cyril Atef (drums); Mustapha Sahbi (oud); Paco Sery (drums); Adriano Tenorio DD (percussion); Cheikh Anta Ndiaye (percussion); Cédric Duchemann (piano, keyboards); Dramane Dembele (flute); Mounir Trahdi (vocals); Harold Lopez (piano); Paco Sery (drums, triangle); Daniel Blake (soprano saxophone); Josh Deutsch (trumpet); Hein Benmiloud (flute, zokra); PPS the Writah (vocals); Noura Mint Seymali (vocals); Aziz Sahmaoui (vocals); Nasreddine Chebli (percussion); Mehdi Nassouli (vocals); Medhi Nassanli (vocals); Guimba Kouyate (guitar); Thomas Henning (trombone); Carlos Sarduy (trumpet); Ismaïl Lumanovski (clarinet); Lenny White (drums); Djam (vocals); Laurent Bonet (alto saxophone); Faris Ishaq (flute), Leo Genovese (piano, keyboard); Eric Mouquet (piano, keyboards); Nesreddine Chebli (percussion); Daril Esso (drums)
Recorded Studio Red House (Paris); Mission Sound (New York); Studio Bleu (Dakar), Studio Arpège (Tunis) 2020, 2021.
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