Hörenswert: Ill Considered – “Precipice”
Glasklare Strukturen und viele guten Ideen.
Mit glasklaren Strukturen und vielen guten Ideen improvisiert sich das Londoner Jazz-Trio rund um Saxofonist Idris Rahman durch ihr zweites Studioalbum. “Precipice” lebt im Wesentlichen von der Schlichtheit und verzichtet weitestgehend auf komplexe Gebilde. Im Vordergrund steht hier der Flow und das Zusammenspiel, bei dem die Formation etwas herstellt, was ihre Demut vor der Musik widerspiegelt.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 19.07.24 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 25.07.24 ab 00:00 Uhr.
Rahman gründete die Band zusammen mit Bassist Leon Brichard im Jahre 2018. Es folgte daraufhin eine Zeit, die von Kollaborationen mit Musikern wie Percussionist Satin Singh, Gitarrist Steve Ashmore oder dem Tenorsaxophonisten Tamar Osborn geprägt war und die Live-Sets des Trios ergänzten. Entsprungen aus der momentan hyperaktiven Londoner Subkultur verstanden sich die Musiker als Künstler, die den Fokus auf die Live-Acts legen.
Somit hat Ill Considered lange (fast) auf jegliche Art der ‘professionellen’ kommerziellen Vermarktung geschissen und veröffentlichten statt der herkömmlichen Studioalben einen Haufen Live-Mitschnitte in Form von Musikkassetten, Vinyl und digitalen Tonträgern, die allesamt ohne Produzenten oder Mastering ausgekommen sind.Die Formation machte sich schnell einen Namen und hatte den Ruf einer exzellenten Live-Band, die mit ihren komplett improvisierten Acts eine unglaubliche Energie entfalten konnten. Da gerade das Vinyl und die Musikkassetten schnell vergriffen waren.
Zugleich verwegen und kontemplativ
Mit Bassist Liran Donin, der im Jahre 2020 die Formation ergänzte, entstand 2022 das erste Studioalbum “Liminal Space”, welches Schlagzeuger Emre Ramazanoglu als ‚Audio-Engineer‘ bearbeitete. Mit einer Menge an Gastmusikern, unter denen sich auch Tubist Theon Cross befand, machte die Formation einfach dort weiter, wo sie mit ihren Tapes angefangen hatten. “Liminal Space” ist ein verwegenes, raues und expressives Album voller Ecken und Kanten. Trotzdem kann das Album als Wendepunkt gesehen werden.
“This album represents a rebirth of the band in the image of what came before. The compositions are still heavily rooted in unadulterated improvisation, but we have taken the raw recordings that would previously have been released as they were and added complementary arrangements, as well as inviting incredible guests to perform on them”. Emre Ramazanoglu
Und auch wenn es “Precipice” nicht an Energie und Verwegenheit fehlt ist es einerseits das kammermusikalische Trio-Spiel, und andererseits der extrem groovige und melodiöse Ansatz in denen sich das Album von den vorherigen Aufnahmen unterscheidet. Das tut diesem Studioalbum richtig gut, da es voller Schlichtheit eine Stimmung transportiert, die zugleich verwegen und kontemplativ daherkommt. All das macht “Precipice” zu einem sehr gelungenen Album voller Schönheit und Tiefe.
- Idris Rahman – Saxofon
- Liran Donin – Bass
- Emre Ramazanoglu – Schlagzeug, Percussion
“Precipice” ist am 22.März 2024 auf New Soil erschienen.
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