Hörenswert: Mother Mother – „The Sticks“
Kanada ist doch irgendwie das Schweden Amerikas – musikalisch gesehen. So überrascht es doch immer wieder, welche Schmankerl aus dem Norden kommen und wie fancy da die Bands aussehen. So gehört und gesehen zuletzt bei Mother Mother, die mit „The Sticks“ ihr viertes Album vorlegen. Ein ausgereiftes Konzeptalbum in kanadischem Noise Art Pop, ambitionierter und düsterer als seine Vorgänger, mit kantigen und mürrischen Elementen ohne jedoch auf den sarkastischen Unterton zu verzichten.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 04.04.14 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 10.04.14 ab 00:00 Uhr.
Aufgenommen wurde „The Sticks“ bereits im Winter 2012, nach einem turbulenten Tour-Jahr mit „Eureka“. Damit gelang Mother Mother zwar der Aufstieg in die kanadischen Indie-Charts, platzierte die Band aber damit auch im Einzugbereich des gefürchteten Mainstreams. Glücklicherweise wurde die richtige Balance gehalten und die neuen Indie-Lieblinge Mother Mother machten sich mit der multitalentierten Besetzung mit den Geschwistern Ryan und Molly Guldemond, Jasmin Parkin, Jeremy Page and Ali Siadat wieder ans Werk. „The Sticks“ wurde produziert von Ben Kaplan (u.a. Gallows, Mudvayne) und Ryan Guldemond selbst – obwohl von der bunten und folkigen Atmosphäre von „Eureka“ von 2010 nicht mehr viel übrig ist bleibt Mother Mother ihrer Tradition doch treu; dynamische Instrumentalisierung und triharmonische Vocals, dafür mehr Elektrik und inhaltliches Konzept.
„Omen“, der Eröffnungstrack, startet mit süßem und doch haunting Klavier und dem unschuldigen – und deshalb wahrscheinlich so unheimlichem – Sprechgesang eines fünfjährigen Kindes. Wie ein Schlaflied markiert es die Ruhe vor dem Sturm, bereits mit „The Sticks“ und später auch mit „Little Pistol“ wendet sich die Stimmung in Richtung fröhlicher Suicid-Balladen, aufgeladen mit beschwingten Streichern, Bassklarinette und atemberaubenden Gesang. „Waiting fort the world to end“ ist genau das, eine beinahe gleichgültige und geduldige Erzählung von der bevorstehenden Apokalypse.
„Bit By Bit“ ist ein bisschen der Katalysator des Albums: Explosiv, treibend und nicht unbedingt optimistisch. „Bit by bit, I’m going to get my bricks out in the sticks” singt Molly Gudemond und legt damit auch die Richtung vor. Eine Auflehnung gegen die menschengemachte Welt, gegen moderne und verkopfte Fremdbestimmung und für eine einfachere selbstgewählte Lebensweise. Was geschrieben banal und uninspiriert klingen mag, äußert sich dafür musikalisch umso präziser, und: „I’m not your quintessential woodsman, but I do admire the simple and self-reliant approach to life, believing it to broaden the mind and soul. This was a healthy concept to be channeling when both writing and producing ‚The Sticks’. The outcome, I believe, is the most pure and unadorned music the band has made”.
Die besten Vorraussetzungen also. „The Sticks“ ist skeptisch, dunkel, fröhlich. Die Songs verleihen sich selbst künstlerische Interpretationen, ein Pop-Album ohne Angst auch mal was falsch zu machen. Eine Zelebrierung des Lichts. Aber nicht dabei die Dunkelheit vergessen, denn dort entsteht Kunst.
“The Sticks” von Mother Mother ist am 12. Februar 2014 bei Last Gang Records erschienen.
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