Hörenswert: Rykarda Parasol – “The Color of Destruction”
Freitag, 05. August 2016 ab 14:08 Uhr: Man sollte sich bei dem fröhlichen Nachnamen ja generell nicht zu viele Hoffnungen auf unbeschwerte Sommermusik machen.
Also doch, irgendwie schon, aber anders. Die amerikanische Songer/Songwriterin Rykarda Parasol teilt ihr Leben zwischen New York und Paris auf und bringt das auf „The Color of Destruction“ in ausgezeichneter Art und Weise zu Papier. Oder Vinyl. Sogar mit Anleihen aus der griechischen Mythologie. Verbrennen oder ertrinken? Nach diesem Album weiß man mehr.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 05.08.16 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 11.08.16 ab 00:00 Uhr.
Diese reisenden Barden gib es ja seltsamer Weise nicht mehr allzu oft, deshalb erfreut es gleich vielfach, dieser seltenen Spezies noch hin und wieder zu begegne. Rykarda Parasol macht das aktuell sogar mit Konzept: „The Color of Destruction“ erzählt vom Kampf zwischen dem aufsteigendem Feuer und dem Untergang, dem allesverschlingendem und allwährenden Ringen um Macht, das schlussendlich die Welt im Gleichgewicht hält.
Dieses Gleichgewicht schlägt sich auch im Artwork nieder: Das Blut des abgeschlagenen Kopfes von Medusa soll damals Meeresalgen in Korallen verwandelt haben, die zwar schön aber genauso gefährlich sein können. Der Zyklus zwischen Leben und Tod, aber der Mensch zerstört sie und entreißt ihre Macht. Ist das die Farbe der Zerstörung?
Dieser Frage geht Parasol nicht nur mit ihrer schwarzen Samtstimme nach, sondern auch mit Gastmusikern Dante White-Aliano (Starite Esperation, Dante vs. Zombies) und Bart Davenport. Nach Jahren allein auf den musikalischen Wegen prägten Elemente aus Literatur, Psychologie, Existenzialismus und Anthropologie ihre Werke, die Lyrics fragil und schattenhaft à la Nick Cave, The Velvet Underground oder Lou Reed. Vintage Sounds, Mörderballaden, französische Chansons und etwas motown blood – ein Schmelztiegel an Einflüssen und Stilen, ähnlich wie Parasol selbst. Mit Rock Noir und den narrativen Texten, immer erinnerungsverhangen und mystisch, entsteht nach den ersten Takten das Bild der herumtingelnden toughten Sängerinnen, im Amerika des 19. Jahrhundert. Oder doch griechische Antike?
Gut, da geht die Vorstellung mit einem durch aber diese stylische Dramatik passt dann doch zu gut. Einzig, wir müssten uns dafür immer mindestens in der Abenddämmerung aufhalten, denn das wäre The Color of Destruction. Und genau dieser Graubereich ist das Metier von Rykarda Parasol: Die Geschichten, vor der Zeit. Die Menschen, frei von Konventionen. Die Verletzlichkeit, hinter den Fassaden.
„Why would anyone make a suicide? / When they could revel in the swell of slow demise / Undress me, Love, lay me at your side / And I’ll demonstrate my destruction.“ (‘A Lover’s Death Wish’)
Weiterhören kann man bluesiger mit Candice Gordon, elfenhafter mit Tori Amos, trauriger mit Sharon Van Etten, manchmal auch Lana Del Ray und fast immer auch Florence + The Machine, den Oberpristerinnen der Nachtmusik. Psychedelischer Pop bei ‘The Ruins and the Change’, introspektiv Balladen wie ‘The Lonliest Girl in the World’, losgelöster Rock und ‘Valborg’s Eve’ in der Manier von Siouxsie Sioux mit treibenden Violinen und Grabesstimme.
Wer hätte das gedacht, das ist die ideale Winterplatte für den Sommer.
“The Color of Destruction” von Rykara Parasol ist am 25. September 2015 bei Warner Music erschienen.
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