Hörenswert: Woodkid – „The Golden Age“
Wenn man eigentlich Regisseur für Musikvideos ist, empfiehlt es sich schwerst, sich selbst der Liedermacherei zu widmen. Zumindest war das für Yoann Lemoine offensichtlichst die richtige Wahl. Als Woodkid veröffentlichte er nun sein erstes Album ‚The Golden Age‘ und packt damit das imperiale 19. Jahrhundert in moderne Sounds – und lässt die Zuhörer sich wie die Helden seiner Videos fühlen.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 29.03.13 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 04.04.13 ab 00:00 Uhr.
Yoann Lemoine, der Illustration und Animation in Lyon und London studierte und 2008 als Werbefilmer begann, widmet sich erst anderen Musikern und deren Projekten, bevor er seine eigene Kreativität bündelte – er produzierte Musikvideos unter anderem für Katy Perry (‚Teenage Dream‘) und Lana Del Ray (‚Born To Die‘), kreierte Werbespots und verhalf auch Diors Herbst- und Winter-Collection ‚A Soldier On My Own‘ zu Inspiration – namensgebend dafür sind die Lyrics von ‚Iron‘. Dass dieser Song auch im Soundtrack zu ‚Assassins Creed: Revelations‘ zu finden ist und auch in Quentin Tarantinos ‚Django Unchained‘ Platz fand, bietet sich dabei nur an. Besessen und animalisch wie das dazugehörige Video mit Agyness Deyn, da freut sich jede etwas düstere Seele.
‚The Golden Age‘ ist nun das Debütalbum von Woodkid, obwohl die Videotrilogie von ‚Run Boy Run‘, ‚Iron‘ und ‚I Love You‘ schon länger auf Youtube die Runde macht und für – berechtigte – Aufregung sorgten. Das goldene Zeitalter der Kindheit und Jugend, kurz: das Glück. Aber auch der Kampf, erwachsen werden zu müssen. Der Opener ‚The Golden Age‘ stellt dies gleich klar: „The golden age is over …“
Der kleine Holzjunge, der in die Stadt geht um zu erwachsen – und das mit Pauken und Trompeten (und noch einem leichten Peter-Pan-Syndrom). Oder im Fall von Woodkid eher mit Soulstep und orchestralen Streichern. Eine Verbindung von epischen Fanfaren, Trommeldonner, den schwarz-weiß-slow-motion Videos und Lemoines Stimme, die in ihrer Dunkelheit und Melancholie derer eines Ian Curtis oder Tom Smith in nichts nachsteht. Und auch die Motive der Songs entsprechen Woodkids Intention: „Ich möchte, dass sich die Leute wie Helden fühlen, wenn sie sich mein Album anhören“. Analogien, die sich in den Videos fortsetzen. Der Junge mit dem Wikingerhelm aus „Run Boy Run“ taucht auch bei ‚I Love You‘ wieder auf – und solch konzeptualisierten Gesamtkunstwerke mögen wir halt.
Noch dazu einsame Moränenlandschaften und slow-montion-Lebensgeschichte und Lyrics wie „I want to feel the pain and the bitter taste of the blood on my lips“ – das ist ja fast wie Game of Thrones, quasi mit Musik erzählt. Außerdem beweist Woodkid mit ‚The Golden Age‘ dass Musik, die so gewaltig daherkommt, auch ganz ohne aktuelle Trends auskommt. Kein Gefrinkel am Synthesizer, keine aalglatt produzierten Sounds und keine Musikvideos, bei denen man sich schon schwer tut, diese überhaupt so zu nennen.
‚The Golden Age‘ erinnert irgendwie gleichermaßen an James Matthew Barrie, Jules Verne und einen orchestralen Zug in den Kampf. Motive wie Seefahrt, Meer, kampfbereite Kavallerien, Neues entdecken und Altes zurücklassen kehren immer wieder und legen sich über das Leben, die Liebe und den Tod – Episch und imperial. Und in ‚Run Boy Run‘ bringt es Woodkid auf den Punkt: „Tomorrow is another day / And when the night fades away / You’ll be a man, boy /But for now it’s time to run, it’s time to run!“
‚The Golden Age‘ von Woodkid ist am 18. März 2013 bei Island/Universal erschienen.
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