Hörenswert: Die Höchste Eisenbahn – „Ich Glaub Dir Alles“
Bassdrum klopft an, Uhlala setzt ein, „Hallo, wie geht`s?“ auf kantonesisch. Es ist Höchste Eisenbahn, wieder mal melancholisch beschwingt die Gedanken schweifen zu lassen und sich zu fragen, wohin der Geist denn diesmal tanzen will. „Ich glaub dir alles“ ist wie eine Liebeserklärung an diesen einen bunten Chief über und in allem, der das Ganze aufmischt und Glückseligkeit zurücklässt.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 06.09.19 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 12.09.19 ab 00:00 Uhr.
Die hätten das alles auch umsonst gemacht.
Auf der Fahrt durch die deutsche Puzzlepoplandschaft mit der Höchsten Eisenbahn ist alles ein bisschen egal, alles aufregend und neu und alles schon auch irgendwie ein bisschen geil. Die beiden Frontmänner a.k.a Lokführer Moriz Krämer und Francesco Wilking nuscheln und falsettieren sich durch die Stationen und erzählen Sidestories zu den Bildern, die am Fenster vorbeiziehen. Damals bei der Gründung 2011 übrigens als reine Liveband u.a. mit Gisbert zu Knypshausen und Judith Holofernes, 2012 kamen schließlich Felix Weigt (u.a. Kid Kopphausen, Spaceman Spliff) und Max Schröder (Der Hund Marie, Tomte) dazu und das Geschichten-erzählen nimmt Fahrt auf. Supergroup quasi, eh schon wissen.
Nach den beiden letzten selbst produzierten Platten „Unzufrieden“ (2012) und „Schau in den Lauf Hase“ (2013) beteiligte sich bei „Ich glaub dir alles“ Moses Schneider (u.a. Tocotronic und Dendemann) produzierend und holte den frischen Live-Wind der Eisenbahn direkt aufs Album. Im Wendeland eingespielt, so sagt man jetzt, habe die Platte die Identität der Band aufgefressen und ein buntes, tanzendes, grüßendes Wesen daraus gemacht – das jetzt, mal Tier, mal Mensch, mal Geist, gezeichnet vom ghanaischen Künstler Ataa Oko, auf dem Cover seinen Platz einnahm. Mal mit Clownhut, mal mit Krone. Ansichtssache.
Jemand redet und du hörst zu / Du verstehst nichts aber die Stimmen klingen gut.
„Ich glaub dir alles“ ist erfrischend naiv, mit der Seele nach außen durch die Köpfe des Publikums ziehend, ehrlich neugierig und immer doch ein bisschen besorgt zu bekleiden, auszuziehen, zu landen, abzuheben oder sich zu langweilen. Abhilfe schaffen dabei Songs über das Steckenbleiben im Leben und in Aufzügen der Upper High Class und über Konsequenzen die ge- und ertragen werden müssen („Enttäuscht“), Songs wie nächtliche Flüge über Wüstenlandschaften („Überall“) oder Siebziger-Power-Pop-Nummern („Louise“).
Vorsicht, du regst dich auf.
Nie ernst nehmen, klugen Blödsinn erzählen und aus vielen unpassenden Stücken ein wunderschönes Bild zusammenbasteln, besser ungefähr und richtig als perfekt und falsch. Alles kaputt? Oder in bester Ordnung? Spätestens wenn das Kaffee trinken am Morgen so zauberhaft wird wie eine kleine Ortschaft, die auf der Reise im Universum der Höchsten Eisenbahn vorbeizieht, ist man angekommen. Glaubst du`s?
„Ich glaub dir alles“ von Die Höchste Eisenbahn ist am 16. August 2019 bei Tapete / Indigo Records erschienen.
Lass' uns einen Kommentar da