Hörenswert: Jessy Wilson – „Phase“
Mit dem Debut-Album dieser amerikanischen Sängerin, die bereits mit Größen wie Alicia Keys oder John Legend zusammen arbeitete, nähern wir uns mit angemessener Vorsicht dem Mainstream. Und in der Tat bekommen wir ein recht poppig ausgefallenes Album, das im angesagten Soundgewand der Siebziger Jahre mit Fuzz-Gitarre und Hip-Hop-Beats wenig Überraschungen liefert. Das macht „Phase“ zwar völlig vorhersehbar. Das Album ist aber trotzdem in der Lage, uns mit den paar starken Songs zu begeistern.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 31.05.19 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 06.06.19 ab 00:00 Uhr.
Laut Hirnforschung ist ja der Wiedererkennungswert ein enorm wichtiges Element, auch bei der Rezeption von Musik. Schon immer bediente sich der Mainstream dieses Mittels, um die Hörer zu fangen. Und so kommt einem durchaus jede der elf Nummern die sich auf „Phase“ befinden, irgendwie bekannt vor. Ja allein das Cover verrät schon, was uns hier erwarten wird. Man hat das Gefühl, dass es diese Art von Musik in 10.000 verschiedenen Variationen schon immer gegeben hat. Aber das macht nichts. Denn Vorhersehbarkeit schafft auch Vertrautheit, Geborgenheit und liefert mit etwas Glück, was WIR wollen.
Jessy Wilson vermag es jedenfalls, das zu liefern was Freunde der Siebziger Jahre-Psychedelic-Soul-Musik, ohne als Ewig-Gestrige zu gelten, hören wollen: Eine ausdrucksstarke Soul-Stimme, schöne Songs, ein transparenter Sound und ein kräftiger Chor, der sich jederzeit an die Sängerin anschmiegt. Dazu kommen noch ein paar coole, moderne Beats, dezente Elektronik und etwas Psychedelic. Anders als ihre Weggefährtin Alicia Keys wählt Jessy Wilson somit einen wesentlich raueren, rockigeren Sound, was meist auf dem Fuzz-Leadsound der Gitarre basiert, die manchmal auch kurze eintaktige Soli spielen darf.
Kurzum: es handelt sich um eine voll ausgecheckte Studio-Produktion, die extrem glatt klingt und dabei glasklare Soundvorstellungen verfolgt. Und da war hörbar kein Anfänger dabei, sondern Black Keys-Drummer Patrick Carney, „Phase“, der ein Konzept durchaus schlüssig und dazu noch handwerklich einfach hochprofessionell umsetzen kann. Dazu ist das Songwriting einiger Nummern wirklich klasse und da geht die Musik von Jessy Wilson dann wirklich auf. Dazu gehören „Clap Your Hands“, „Stay Cool“ oder „Cold in The South”, die viel drive haben und sogar gelegentlich für Gänsehaut sorgen können. Mitunter klingt „Phase“ dann aber leider etwas sehr gewöhnlich und zu produktorientiert wie auf den Mid-Temopo-Balladen wie „What’s wrong“ oder „LAnight“.
„Phase“ ist durchaus durchhörbar, aber wohl nur für Leute, die auch im Pop-Bereich zuhause sind und total auf die Black Keys, Alicia Keys oder auch Madeleine Peyroux stehen. Alle anderen sollten sich die Handvoll guter Nummern schnappen, die etwas mehr Ecken haben, als der Rest.
Vorhersehbar – aber geil.
„Phase“ ist am 3. Mai 2019 auf Thirty Tigers erschienen.
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