Hörenswert: Jorge Ben – „Ben“
Zwar nicht neu aber endlich wieder erhältlich ist das Meisterwerk „Ben“ dieses großartigen brasilianischen Musikers, das für späte Sommertage wie gemacht zu sein scheint.
Das Album erschien erstmals 1972 und machte Jorge Ben quasi über Nacht zum Superstar. Nicht wenige halten „Ben“ für eines der besten Alben von Jorge Ben. Auf jeden Fall dokumentiert diese Wiederveröffentlichung Jorge Bens unvergleichlich leichtfüßigen und einzigartig schwerelosen Sound, mit dem er gerade in Brasilien große Erfolge feierte.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 04.09.15 ab 14:08 Uhr, Wh am Donnerstag, 10.09.15 ab 00:00 Uhr.
Es gibt wohl kaum einen Sänger und Gitarristen aus Brasilien, dessen Stimme so direkt und zielsicher ins Herz vordringt und dessen Akkorde so treibend daherkommen. Durchdrungen von einem gleichzeitig sehnsüchtigen, dabei recht lasziven, aber trotzdem unterschwellig überaus wilden Timbre ist Jorge Ben mit seiner Stimme in der Lage, unvergleichlich viel Wirkung zu erzielen und ganze Gefühlswelten zu öffnen. Dabei bleibt die Musik natürlich immer einschmeichelnd und übt einen unglaublich verführerischen Sog aus, dem sich längerfristig niemand so wirklich entziehen kann. Hierin erinnert er etwas an Sam Cooke. Nur handelt es sich bei Jorge Ben um eines der vielen fantastischen Originale des so oft strapazierten Zuckerhut-Klischees.
Dessen ungeachtet ist Jorge Ben heutzutage nur unter wirklichen Liebhabern von brasilianischer Musik bekannt. In unserer digitalen Welt besteht wieder einmal die Gefahr, das gesamte Oeuvre eines Künstlers zu ignorieren und ihn nur auf den einen weltbekannten Titel zu reduzieren. Im Fall von Jorge Ben heißt dieser Titel „Mas que nada“, den wohl wirklich jeder kennt – aber jeder denkt, er wäre von Sergio Mendes. Zumindest fand sich Jorge Ben gleich vier Mal auf dem 1995 erschienenen Mojo Club Sampler Volume Four (Light My Fire) wieder (Als Interpret mit „Oba, La Vem Ela“ und drei Mal als Komponist für andere brasilianische Interpreten. Dank an Heiko Jahnke und Oliver Korthals).
Jorge Ben, geboren 1945 in Rio De Janeiro, hatte sich nicht der sogenannten Kunstmusik, wie dem Bossa Nova verschrieben, sondern eher der populären Musik, die in Brasilien Música Popular Brasileira genannt wird. In Brasiliens Sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts waren das wohl zwei miteinander völlig unvereinbare Lager. Im Laufe seiner Karriere vollbrachte Jorge Ben die Leistung, diese beiden Lager sowohl als Komponist wie auch als Interpret gelegentlich zusammen zu führen. Die Musik Jorge Bens mochten wohl beide.
Auf „Ben“ sind dann doch zum Glück eher unbekanntere Nummern zu hören. Wie immer bei der Musik von Jorge Ben verführen einen diese musikalischen Erscheinungen mit ihrer zarten und einschmeichelnden Art auf unvergleichliche Weise, und ehe man sich versieht ist die CD auch schon einmal ganz durch gelaufen. Mit der Schlussnummer bekommt man mit „Taj Mahal“ noch etwas Disco-Nummer mit auf den Weg, bei der man unweigerlich an Rod Stewards „Da Ya Think I’m Sexy?“ denken muss, und tatsächlich gewann Jorge Ben den Plagiatsprozess gegen seinen britischen Kollegen.
Jedenfalls ist dieses Album eine echte Wiederentdeckung und eines der besten Alben der Música Popular Brasileira.
„Ben“ wurde am 14. August 2015 auf Real Gone Music wiederveröffentlicht.
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