Hörenswert: Kurt Vile – „Speed, Sound, Lonely KV“
Bittersüß, verträumt und tief im klassischen, fingerpickenden Country widmet sich Kurt Vile auf „Speed, Sound, Lonely KV“ voll Ehre und Verneigung seinem Kollaborateur und Idol John Prine und der Stadt Nashville, dem globalen Epizentrum des US-amerikanischen Country. Raus aufs Land, in den letzten sonnigen Herbsttagen!
Hörenswert. RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 09.10.20 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 15.10.20 ab 00:00 Uhr
Remarkable and idiosyncratic
Kurt Viles Musik ist vieles, zwischen Indie, Roots Rock, Folk und Lo-Fi. In erster Linie aber vermag es der langzoterte Gitarrist-Singer-Songwriter aus Pennsylvania einen beruhigend, gemächlich und glücksseelig durch die Songs zu tragen. Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass er sich als 14-jähriger nichts sehnlicher wünschte, als eine Gitarre – und von seinem Vater ein Banjo geschenkt bekam. Da muss sich das kreative Potenzial einfach durchsetzen.
Meilensteine gibt es demnach auch schon genug: 2005 war Vile Gründungsmitglied von The War On Drugs, 2013 erschien „Wakin On A Pretty Daze“, dessen Songs sich immer wieder in der gut sortierten Playlists jeder Gelegenheit finden, 2017 veröffentlichte er mit der australischen Ikone Courtney Barnett „Lotta Sea Lice“. Und jetzt also John Prine.
Nashville, Tennessee
Prine verstarb im April 2020, die Songs für „Speed, Sound, Lonely KV“ entstanden aber bereits in den Jahren davor. Viles Verbundenheit mit Prine und die Chance, davor noch in Nashville Prines Song „How Lucky“ gemeinsam aufzunehmen, verleiht „Speed, Sound, Lonely KV“ die Wirkung eines Fotoalbums mit Urlaubsfotos aus vergangenen Tagen: schon ein bisschen vergilbt, aber noch nicht lange her, unvergesslich für jene, die dabei waren und eine wunderbar träge und sonnige Erinnerung für andere.
Aufgenommen im Butcher Shoppe, dem Studio und Hangout-Domizil von Produzent David Ferguson, (John Prine, Sturgill Simpson, Johnny Cash) in Nashville klingt der Sound der Stadt mit. Wie eine Konversation zwischen Vile und den großen County-Veteranen, begleitet unter anderem von seinen namhaften Kumpanen Matt Sweeney und Dan Auerbach.
Speed of the sound of loneliness
Kurt Vile eröffnet mit dem Cover von Prines „Speed of the Sound of Loneliness“, voll Wärme unbestreitbarem Leuchten. Beschwingte Klavierflecken, ein melancholisches Banjo auf seinem Weg in die Country-Steppe, unbeschwert und mit lächelndem Herzen. “Gone Girl” ist ein Cover von „Cowboy„ Jack Clement und Vile fühlt sich sichtlich wohl im Country-Setting: casual, irgendwo versteckt sich ein wenig Schwermütigkeit und Viles Stimme schmiegt sich die Gehirnwindungen entlang. „Dandelion“ und „Pearls“ sind Eigenkompositionen und wieder näher an Vile’s klassischem Sound, inklusive Nashville-Filter und Präsenz seiner Band The Violaters. Wunderschön und mit dem richtigen Maß an Melancholie ist das Duett mit John Prine seines „How Lucky“ vom Album „Pink Cadillac“ von 1979.
“The truth is John was my hero for a long time when he came into The Butcher Shoppe to recut one of his deepest classics with me. […]. A couple nights later we were playing ‘How Lucky’ together again; this time onstage at the Grand Ole Opry on New Year’s Eve at the turn of 2020. Nothing like seeing John and his band of musical brothers and family and friends playing into the new decade in front of an adoring audience on that stage in Nashville … and, yup, that’s just how lucky we all got that night.”
Mellow rock and roller in a stroller
„Speed, Sound, Lonely KV“ ist eine Sammlung an kleinen Momenten, Allerwelts-Glück, das vielleicht nicht mal auffallen würde, würde man es nicht wissen. Das Gebäude, in dem die EP aufgenommen wurde, ist inzwischen verkauft, John Prine has left the stage. Was bleibt, ist ein Kleinod an Erinnerungen, ein Fotoalbum, das man sich auch noch gerne ansieht, wenn die Ränder bereits vergilbt sind.
„Speed, Sound, Lonely KV“ von Kurt Vile ist am 2. Oktober 2020 bei Matador erschienen.
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