Hörenswert: La femme – „Psycho Tropical Berlin“
Der Opener klingt im ersten Moment – und auch nach 3 Minuten – wie ein Boogie Track, bis schließlich klar wird dass hier ein französisches Männer-Ensemble plus vier Sängerinnen mit viel Elektronik am Werk sind.
Das sind La femme und ihr Debüt mit dem klingenden Titel „Psycho Tropical Berlin“ ist Avant-Surf-Pop-Wave und gleichzeitig Programm. Eine situationistische Musikinitiative voll beinahe überschwappender Kreativität präsentiert düstere Songs mit einem Hauch französischem Chanson und einer Brise jerky rock’n’roll.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 07.03.14 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 13.03.14 ab 00:00 Uhr.
Diesmal haben alle anderen dreckigen Schüft das Nachsehen. La femme kommen mit „Psycho Tropical Berlin“ daher wie der Soundtrack zu einem Tarantino-Film, vorausgesetzt der wäre in dieser Dimension Europäer in den 1960ern und würde noch schwarz-weiß Filme drehen. Auch wenn das Album bereits seit einem knappen Jahr auf dem Markt ist, lohnt eine genauere Betrachtung allemal. Was La femme nämlich dem Gros der aktuellen Bands voraus hat, ist unberechenbare Musik, sind Sounds abseits der bekannten Genre-Palette und das ist zudem eine unheimlich gute Mischung aus Rockabilly, Electro, New/Dark Wave, Psychodelic, Surf-Pop und Punk. Das ist nämlich gar nicht mal so einfach, noch dazu wenn man den Eigenanspruch hat, „to touch people, to be touched by people and generally protest against worldwide assholes“.
Gegründet wurde die Band 2010 von Gitarrist Sacha Got und Keyboarder Marion Magnée im französischen Biarritz, auf dem Weg Richtung Paris stießen noch Sam Lefevre, und Nunez Ritter dazu. Das Männerensemble besinnt sich als La femme auch musikalisch auf ur-französische Traditionen: Tiefgründig, gutaussehend, exzentrisch und elegant. Grimm trifft auf Glamour quasi. Und nachdem auch der französische Mann nichts Ganzes ohne seine Frau ist, gründet mann eine Band mit dem Namen La femme und verpflichtet auch gleich vier Sängerinnen, aktuell sind das Clémence Quéllenec, Clara Luciani, Jane Peynot und Marilou Chollet. Und auch der restliche Männerhaufen legt keinen Wert auf Führungsqualitäten, erklärt Gitarrist Sacha Got: „Nothing is frozen. La femme is a solar system. We don’t like the idea of having a leader or a chief: everyone brings to the band what they can and want“.
Also, französische Basisdemokratie im kleinen Schwarzen klang wohl noch nie so sexy – Die laszive, düstere, aufreibende und exzessive Stimmung, die La femme zB. in „Hypsoline“ produzieren, lässt an Noir Desir, Nouvelle Vague oder auch an Charlotte Gainsbourg erinnern, aber mit wesentlich mehr Biss, 70er- und 80er-Attitüde und mit diesem gewissen Friedhofsgefühl. Auch beim Titeltrack „La femme“ bleibt die Stimmung mystisch und dunkel – passend dazu die Aussage der Herren der Band, Frauen seien und blieben ihnen wohl auf ewig ein Rätsel.
Rohe, hypnotische und zuweilen schräge Moods (Psycho) treffen auf locker-flockingen Surf-Pop (Tropical) und kalten Electro (Berlin), verlieben sich mit verrücktem Rock’n’Roll in vintage sounds und das Ergebnis dieser retro-schicken Liebe ist der bezeichnende Sound von La femme. Und bevor sich La femme zum next big shit entwickeln sei eines gesagt: Französischen New Wave sollte man sich vielleicht generell merken. Klingt als wenn Kraftwerk und Gary Numan die Surfboards der Beach Boys wachsen würden.
Black is such a happy color!
„Psycho Tropical Berlin“ von La femme ist am 8 April 2013 bei Barclay / Born Bad Records erschienen.
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