Hörenswert: Marc Ribot‘s Ceramic Dog – “Connection”
‘No Wave’ lebt. Dieses explosive Gitarrentrio ist bekannt für ihre experimentelle Mischung aus Jazz, Punk und Rock.
Mit dem Album “Connection” veröffentlicht Ceramic Dog ihr fünftes Studioalbum, das wieder einmal ungemein verwegen und kraftvoll daher kommt. Mit viel Verzerrer, Vocals und einigen Gastmusikern wird hier ein Sound erzeugt, der kein ‘Morgen’ zu kennen scheint und das Atmosphärische der ‘No Wave’ Bewegung in sich trägt.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 25.08.23 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 31.08.23 ab 00:00 Uhr.
Es waren die späten Siebziger Jahre in der Lower East Side von New York und ein Haufen avantgardistischer Musiker, die das Verlangen teilten eine Musik kreieren zu wollen, die sich an nichts bisher Bekannten orientieren sollte und eigenständig für sich selbst geschaffen werden sollte. Mit einer gesunden Portion Destruktivität und Verneinung entstand rund um Lydia Lunch, James Chance und zu guter letzt auch Brian Eno eine Art von Musik, die allein den Augenblick zu kennen scheint und von betörend bis verstörend jede Menge haarsträubende Sounds in sich birgt. Als sehr kurzlebige Strömung mit kaum erwähnenswerten finanziellen Erfolg löste sich die Bewegung bereits Anfang der Achtziger Jahre wieder auf. Vielleicht auch aufgrund des Zwanges, stets etwas Neues und Eigenständiges kreieren zu müssen, sowie äußere Einflüsse grundlegend abzulehnen.
‘No Wave’ lebt…
Der avantgardistische Ansatz nach neuen Ausdrucksformen und nach der Möglichkeit des Spiels, ohne historischen Überbau und seinem Regelwerk zu suchen, beeinflusste letztlich Musiker von Punk bis Jazz dazu, nach mehr Freiheit und eigenen Ausdrucksmöglichkeiten in ihrem Spiel zu suchen.
Das klingt nach freiem Punk-Rock, nach ‘No Future’, nach Beck und gleichzeitig nach Rage Against the Machine…
Die Formation Ceramic Dog rund um Ausnahmegitarrist Marc Ribot zelebriert diesen Ansatz nun seit fast zwanzig Jahren und lässt die Grenzen zwischen freiem Spiel und auskomponierten Elementen verschwinden. Das klingt verwegen, kraftvoll, etwas nach Achtziger, nach freiem Punk-Rock, nach ‘No Future’, nach Beck und gleichzeitig nach Rage Against the Machine und noch nach vielem mehr. Letztlich dient das Punk-Rock-Gerüst der Nummern als Schablone, über die das atmosphärische und atonale Spiel des Trios sich entfalten kann. Die Vocals werden hier fast ausschließlich rezitativ und als Art von (politischen) Statements eingesetzt. Die Gastmusiker fügen sich komplett in den Bandsound und orchestrieren eher die wunderbar hymnischen Kadenzen.
Tausendsassa Marc Ribot, der sich in den unterschiedlichsten Musikrichtungen zuhause fühlt und von Scelsi (Salzburger Festspiele 2007) bis Heavy Metal so ziemlich alles spielt, ist mit seinem Oeuvre wohl einer der bedeutendsten Avantgarde-Gitarristen unserer Zeit. Mit Ceramic Dog bringt er uns Musik, die Punk- und Jazz-Fans gleichermaßen begeistern wird, grandios gespielt ist und einen wunderbar altmodisch-subversiven Charakter in sich trägt.
“Connection” ist am 7. Juli 2023 auf Enja erschienen.
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