Hörenswert: The Rural Alberta Advantage – „Mended With Gold“
Das 3. Album sei oft das schwierigste.
Mag sein, im Fall von The Rural Alberta Advantage ist davon allerdings wenig zu hören, „Mended With Gold“ klingt zu gleichen Teilen leichtfüßig wie bedrückt, schön und aufbrausend und auch sehnsüchtig, nach oft unbekannten Zielen. Zur besseren Orientierung: Folkig, mit Einschlägen aus lauteren wie leiseren Gefielden. The Rural Alberta Advantage machen Musik für Zeiten schwieriger Erfahrungen, aus denen man dann – hoffentlich – mended with gold wieder hervortritt.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 23.01.15 ab 14:08 Uhr, Wh am Donnerstag, 29.01.15 ab 00:00 Uhr.
„Mended With Gold“ ist drei Jahre nach dem letzten Werk das 3. Album der großherzigen Kanaden. Kanada, schon wieder. Aber offenbar ist feinster Indie-Folk-Rock dort am besten aufgehoben, man kann ja nicht alles den Skandinaviern überlassen. Gefunden haben sich Paul Banwatt, Amy Cole und Nils Edenloff 2005 im „The Winchester“ in Toronto auf der Open Stage, bis zur Veröffentlichung von „Hometowns“ 2008 war die Band eigentlich nur als Geheimtipp auf diversen Blogseiten zu finden. Nach „Departing“ von 2011 ist „Mended With Gold“ nun schon den Kinderschuhen entwachsen. Produktive Unterstützung gab es dabei u.a. von Matt Ledermann (The Besnard Lakes) und Leon Taheny (Austra), die Grundstimmung der Vorgänger wurde mitgenommen, allerdings wurde noch etwas feiner gefeilt, etwas tiefer in der Seele gegraben, ein bisschen hoffnungsvoller gewünscht und noch etwas sehnsüchtiger den schönen Melodien gefröhnt.
Auch auf dem aktuellen Album gibt wieder emotionalen, teils rastlosen und fieberhaften Folkrock, Lyrics straight to the heart, einfache Arrangements und ambitioniert aufgenommen. Und das ist auch gut so, die Einfachheit der Songs lässt genau den Spielraum, den es für die Imagination des Zuhörers braucht. Songwriter Edenloff kann nämlich über die Liebe singen, als wenn das ein komplett neues Thema wäre. Als wenn er tatsächlich der erste Mensch wäre, der dieses Gefühl erlebt. Und man glaubt ihm dann auch irgendwie, schon der Opener „Our Love…“, legt die Maßstäbe der Empfindsamkeit fest und schlägt auch gleich mal mit emotionaler Wucht zu. Drummer Paul Banwatt sorgt auch dafür, dass sich das Album trotz seiner ruhigen Grundfesten fast getrieben voranbewegt. “This City” oder “All We’ve Ever Known” erinnern auch textlich an dieses Gefühl; Ein innerer Drang, fast sich selbst verlassen zu müssen um wieder Selbst sein zu können. Wanderlust, aus dem eigenen Körper sozusagen, das Verlangen nach einer Heimat, die aber nicht mehr definiert ist. Hoffnung ob den goldenen Flicken, ohne aber immer ganz zuversichtlich zu sein: ‚I’m gonna tell you lies, gonna let you down, gonna break your heart, gonna grow up now‘ („Vulcan, AB“).
Natürlich: Die Sehnsucht, Kleinstädte zu verlassen, die endlosen Versuche, sich aus geografisch oder geistig festgelegten Rahmen zu befreien, der Passion freien Lauf lassen zu können und die Hoffnung, dass das auch alles gut gehen wird ist jetzt nicht was ganz Neues. Und trotzdem, Songs wie „This City, „To Be Scared“ oder „Runners In The Night“ funktionieren – ‚If we can get home, we can get right‚, auch wenn man weiß dass Rückkehr bereits unmöglich ist. Oder vielleicht gerade deshalb, „Mended With Gold“ hört sich bestimmt großartig im Kleinbus von Toronto nach Alberta (der Stadt ist übrigens auch ein Song auf dem Vorgängeralbum „Hometowns“ gewidmet).
Eine Stimme die an Billy Corgan oder Colin Meloy erinnert, Instrumentierungen, die den Freakfolkern von The Builders and The Butchers oft nicht unähnlich sind und Multipop á la The Polyphonic Spree – „Mended With Gold“ wird seinem Titel gerecht. Wenn wir Glück haben halten die goldenen Ausbesserungen. Wenn nicht, werden wir unter den Trümmern begraben.
„Mended With Gold“ von The Rural Alberta Advantage ist am 30. September 2014 bei SADDLE CREEK erschienen.
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