Hörenswert: Toufic Farroukh – „Villes Invisibles“
Der gebürtige Libanese wird wohl auch nach der Veröffentlichung seines bereits neunten Albums ein Geheimtipp bleiben. Als musikalischer Wanderer zwischen Orient und Okzident bleibt Toufic Farroukh musikalisch unberechenbar.
Sein aktuelles Album „Villes invisibles“ ist dieses Mal frei von jeglicher Elektronik, kommt extrem leichtfüßig daher und zeugt von einer musikalischen Reife, die bei manch anderer Veröffentlichung nicht immer vorhanden war.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 24.03.17 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 30.03.17 ab 00:00 Uhr.
Zu dominant ist da wohl die Konkurrenz im Genre ‚Ethno-Jazz‘ (ein schrecklicher Begriff) zu denen solch große Namen wie Anouar Brahem oder Dhafer Youssef zu zählen sind. Auch wenn der musikalische Ansatz ein ganz anderer ist (auf der einen Seite puristische Virtuosität, während es auf der anderen Seite eher um Verschmelzung verschiedener Musiken geht), bedienen diese Künstler letzten Endes doch die gleiche Zielgruppe.
Natürlich beinhaltet stilistische Variation immer das Risiko bereits gewonnene Märkte wieder zu verlieren. Daher liegt es nahe, etwas was bereits erfolgreich war auf den folgenden Veröffentlichungen mit leichten Variationen zu kopieren. Jetzt ist es nicht so, dass jedes Album von Toufic Farroukh komplett anders klingen würde (das schafft wohl nur Herbie Hancock); es scheint einfach nur so zu sein, als ob dieser Musiker einfach gerne mit verschiedene Stilmitteln spielt. Während beispielsweise das Album „Drab Zeen“ von 2002 noch einen mächtigen Elektronik-Einschlag besitzt und Toufic Farroukh hier mit Vokalisten zusammenarbeitet, ist 15 Jahre später davon gar nichts mehr zu hören. Bei „Villes invisibles“ dagegen handelt es sich um ein rein akustisches Album mit ganz spärlich gesetzten Vokalparts, das sehr ausgereift klingt und eine beschwingte Leichtfüßigkeit ausstrahlt, die gelegentlich fast ‚Easy Listening‘ Züge besitzt.
Eines wird gleich bei den ersten Tönen deutlich: Diese Musik lässt die arabische Musiktradition mit der westlichen verschmelzen, und das weder gekünstelt noch angestrengt. Im Gegenteil: Unglaublich schlüssig und stets elegant kommen diese Kompositionen daher, die mit orientalischer Percussion, Oud, Klavier, Kontrabass, Gitarre, Schlagzeug, Klarinette und Saxofon orchestriert sind. Natürlich darf das Akkordeon nicht fehlen, das ganz nach dem Klangideal eine Unisono-Liaison mit der Oud eingeht.
Letztlich kann die Erkenntnis gewonnen werden, dass Toufic Farroukh einfach die Musik macht, die aus ihm heraus kommt. Das ist keinesfalls selbstverständlich, und einfach ein Genuss zu hören. Farroukh, der 1958 in Beirut geboren wurde, lernte als Kind nicht etwa Oud, sondern das nicht gerade libanesische Instrument Saxofon von seinem Bruder. Später sollte er am Pariser Konservatorium Jazz studieren und dort auch seinen Lebensmittelpunk dauerhaft einrichten. Seine Musik verbindet diese zwei Welten, denen er glücklicherweise beiden angehören darf. Trotz aller Unterschiedlichkeit kann „Villes invisibles“ als das bisher stärkste Album von Toufic Farroukh eingestuft werden und auch als das jazzigste. Dabei bleibt es aber immer eingängig, wird nie anstrengend oder verliert an Lässigkeit. Grandios.
„Villes Invisibles“ ist am 3. März 2017 auf Hot8 Music erschienen.
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