Hörenswert: Courtney Barnett – „Sometimes I Sit And Think, And Sometimes I Just Sit“
Woraus man so prinzipiell eigentlich alles Songs machen kann glaubt man gar nicht. Auf die positivste Spitze treibt es momentan wohl Courtney Barnett – Espressokannen, tote Füchse, Gärtnern und ausgestopfte Kängurus liegen auf dem Weg durch das aktuelle Album „Sometimes I Sit And Think, And Sometimes I Just Sit“.
Ein eingängiger Titel noch dazu – der aber das Ganze wunderbar zusammenfasst. Dass Barnett sich nicht hingebungsvoll nur den eben genannten Themen widmet sondern diese als Realitäten beschreibt, hinter denen oft die großen Geschichten liegen, das dämmert dann beim Zuhören.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 20.03.15 ab 14:08 Uhr, Wh am Donnerstag, 26.03.15 ab 00:00 Uhr.
Die Mittzwanzigerin Courtney Barnett startet musikalisch um 2006 in ihrer Heimatstadt Melbourne, ab 2010 spielt sie unter anderem in Bands mit Garagen Grunge und Psych-Country, 2012 gründet sie ihr eigenes Label Milk! Records und veröffentlicht darauf gleich die Debüt-EP „I’ve Got a Friend called Emily Ferris“, 2013 folgt „The Double EP: A Sea of Split Peas“.
Jetzt also „Sometimes I Sit And Think, And Sometimes I Just Sit“. Die bisherigen Song- und Albumtitel lassen schon erahnen: Courtney Barnett kann Geschichten erzählen mit einer gewissen Antriebslosigkeit, kann Schulterzucken beim Singen über die große Liebe und das nebenbei mit fast schon schrammeliger Sound begleiten. Was da jetzt irgendwie ein bisschen nach den Stunden klingt, in denen die meisten schon nach Hause sind, der Rest aber erst gehen will, wenns wirklich vorbei ist – der hat irgendwie recht. Barnett wäre wohl diejenige, die dann noch auf der Bühne steht und Songs wie ‚Small Poppies‘ oder ‚Depreston‘ spielt. Sie war davor aber auch diejenige die die Party mit zB. ‚Elevator Operator‘ erst in Gang brachte.
Obwohl, Barnett ist dabei intelligent-komisch, auf eine recht eigensinnige Weise. “Tell me I’m exceptional, I promise to exploit you / Give me all your money, and I’ll make some origami, honey / I think you’re a joke, but I don’t find you very funny” hört man in ‚Pedestrian at Best‘; schaut man sich das dazugehörige Video zum ‚Clown of the year‘ an, versteht man auch diese alles andere als dezente Lakonie. Man könnte es auch eine ausgewogene Fuck-You-Attitüde nennen. Aber eine nette.
Und es schert sie auch wenig, wo sie musikalisch gerade wandelt – Grunge, Indie-Pop, Blues oder auch ArtRock mit oft morbidem Witz, Analogien mal zu den Lemonheads, Blur, Nirvana und dann wieder mal zu Bob Dylan. Sprechgesang, betonte Fadigkeit, ein lässiges sich-durch-die-Effekte-Rumpeln und dann noch dieser Humor. Da kann England und sogar Östereich einpacken: „Buying organic vegetables, I was a little sceptical at first, a little pesticide can’t hurt…“ (‚Dead Fox‘). Musiker, die sich gerne selbst auf die Schippe nehmen sind einfach sympathisch. Und Barnett und ihre Band haben offensichtlich einen Riesenspaß dabei (Herrlich: Pedestrian at Best oder History Eraser). Gleichzeitig bleibt sie subtil, liebenswürdig und pointiert, und hält den richtigen Fokus auf das Alltägliche: Im ersten Moment denkt man an Belangloses, Barnett schafft daraus aber lyrisch ganz eigene und besondere Begebenheiten – wenn auch oft mit holprigen Reimen (money reimt sich auf honey reimt sich auf origami..? ja, doch).
Courtney Barnett macht schrägen Punk-orientierten Indie mit viel Gitarre mit viel Verzerre mit viel Gefühl mit viel Witz. Manchmal sitzen und nachdenken ist manchmal unglaublich unterhaltsam. Manchmal sitzt man aber auch einfach nur. Ist auch schön.
„Sometimes I Sit And Think, And Sometimes I Just Sit“ von Courtney Barnett ist am 20. März 2015 bei Marathon Artists / Kobalt Label Services / Rough Trade erschienen.
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