Hörenswert: Der Rote Bereich – „7“
Das Festival Snow Jazz in Bad Gastein feierte diesen März sein zehnjähriges Jubiläum. Umjubelter Höhepunkt in einer Reihe von ausgezeichneten Konzerten war dieses Jahr das aus Nürnberg stammende und nun in Berlin arbeitende Avantgarde-Ensemble Der Rote Bereich. Mit einem immensen Reichtum an improvisatorischer Kreativität wagt sich das Trio um den Gitarristen Frank Möbus in hoch Komplexe Sphären vor. Auf Basis von polyzentristischen Verläufen scheint Der Rote Bereich die Möglichkeiten des Triospiels in jedem Moment neu auszuloten.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 29.04.11 ab 14:08 Uhr, Wh am Donnerstag, 05.05.11 ab 00:00 Uhr.
Und von eben diesem Forschergeist sind komplett alle zehn Klangerscheinungen des neuen Albums „7“ beseelt. Es ist das erste nach sechs Jahren Pause. Wohl Zeit genug als Trio noch enger zueinander zu finden. Mit Oliver Steidle der im Jahre 2002 eingestiegen ist, hat Der Rote Bereich nun einen Schlagzeuger, der sowohl den frei improvisatorischen Grundgedanken, als auch höchste Präzision ohne Widersprüchlichkeiten miteinander verbinden kann. Und mit welcher traumwandlerischer Sicherheit die drei Musiker hier auf mehreren Ebenen interagieren ist tief beeindruckend: Beim Roten Bereich scheinen alle drei Instrumente die gleiche Gewichtung zu erfahren und sich von konventionellen Zuordnungen zu befreien. Was hier Rhythmus-, und was Melodieinstrument ist, entzieht sich zum Teil der genaueren Definition. Hören ist hier ein aktiver, im besten Fall sinnstiftender Vorgang. In diesem Sinne stellt Der Rote Bereich auf „7“ freie Klangforschung, waghalsige Improvisationen, und vertrackte, sehr groovige Elemente gegenüber. Groove,- und Rhythmuswechsel sind hier nichts Ungewöhnliches.
Immer wieder finden sich die Musiker auch zu durchkomponierten, schwindelerregenden, weil so fantastisch gut gespielten Unisono-Passagen zusammen, die den Begriff der ‚Melodie‘ wohl zu einem neuen Forschungsgegenstand der Sprachanalyse werden lässt. Eine musikalische Erscheinung scheint hier zudem stets die Nächste zu jagen. Doch das wahrhaft bezaubernde des Albums liegt zu einen im außergewöhnlich guten Zusammenspiel der Musiker, die immer ein ähnliches Ziel zu verfolgen scheinen und der Selbstverständlichkeit mit der hier musikalische Aussagen und Haltungen geäußert werden. Kategorisch nie wirklich greifbar taumelt der Hörer zwischen den einzelnen Fetzen aus Ambient, Free-Jazz, Funk, Rock und was auch immer umher, die sich ganz unbemerkt zu einem neuen großen Ganzen fügen.
Natürlich kann die CD, ganz besonders in diesem (Roten) Bereich das Live-Ereignis nicht annähernd ersetzen. Und glücklich sind die, die das Trio in Gastein Live erleben konnten. Nichts desto Trotz ist Der Rote Bereich auch in diesem Format ein Erlebnis.
Der Rote Bereich:
Frank Möbus – guitar
Rudi Mahall – bass clarinet
Oliver Steidle – drums
Das Album ist am 20. September 2010 bei Intakt erschienen.
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