Hörenswert: Junip – „Junip“
Sanftmütiger Folk Pop und der Trend zur Entschleunigung. Junip ist Gothenburghs Post-Folk-Pop Trio mit einem Hang und einem Talent zum unaufgeregt Dramatischen.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 10.05.13 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 16.05.13 ab 00:00 Uhr.
Spärisch und wie von Flügeln getragen eröffnet Akustikgitarre und die Stimme von José Gonzáles „Junip“, das 2. Album der gleichnamigen schwedischen Band. Und schon der Opener „Line Of Fire“ bereitet auf die folgenden 40 Minuten vor: Schwer ertragende Fröhlichkeit, befreiende Traurigkeit und ein Falsett für die düsteren Nächte. „What would you do / if it all came back to you? / each crest of each wave / bright as lightning.. / no one else around you / no one to understand you / no one to hear your calls / look through all your dark corners / you’re backed up against the wall / step back from the line of fire..“
Bereits 2005 wurde die erste EP von Junip unter dem „Titel Black Refuge“ veröffentlicht, allerdings kam José Gonzáles‘ Solo-Projekt dazwischen – wofür ihm die Musikwelt zutiefst dankbar ist. Er ist in Schweden schon lange einer DER Singer/Songwriter und Indie/Folk-Sänger, die es schaffen, allein mit ihrer Stimme die Gedanken zu fesseln und sie bis zum Verklingen der letzten Note nicht mehr loslässt. Sein Cover von Massive Attac’s „Teardrop“ bohrt sich entgegen jeder Erwartung noch tiefer ins Herz als das Original.. Aber zurück zu Junip. 2010 erschien schließlich das Debütalbum „Fields“und die gerne als ‚Dark Pop‘ bezeichnete musikalische Richtung passt hier wie auch beim Nachfolger „Junip“ wunderbar ins Konzept; Hier wird Folk, Country und Indie in düstere Gewänder gehüllt, die melancholische Stimme von Gonzálesverwebt sich mit leichter Electronica – nie zu viel, nie zu aufgeregt aber immer mit leicht süffisantem Unterton.
Spätestens bei „So Clear“ beginnt es unter der Oberfläche zu brodeln und zu psychodelieren – Tobias Winterkorn weiß seine Keyboards und Synthesizer nicht nur gezielt, sondern auch strukturell einzusetzen, nahezu wie im Tanz werden Rhythmus und Melodie erstellt, der Äthiopier Elias Araya gibt an den Drums den Takt vor. Diese Eingespieltheit erklärt sich aus einer gemeinsamen musikalischen Vergangenheit, die bereits 1998 ihren Anfang nahm: Ausgerechnet mit Hardcore. Aber die Richtung ging bald zu Akustikpop der 60er und 70er (Gonzáles mag den Klang elektrischer Gitarren nicht, thank god). Und so kann man inzwischen Musik machen, die nach schwedischer Jazzband und afrikanischem Pop gleichzeitig klingt.
Überhaupt ist „Junip“ ein Album wunderbarer sonderbarer Gegensätze, leichtfüßig und melancholisch, groovig und minimalistisch, tröstend und aufreibend. So auch „Beginnings“, Musik wie im Schatten gewachsen. Es geht um die guten alten Themen, Liebe, Tod, Erlösung und Verdammnis. Aber bei Junip geht es nicht um den Inhalt, es geht um die Emotionen, die dadurch entstehen, die sich festgraben. Manchmal gehts aber auch direkt: „After All Is Said And Done“, der letzte Track, ist genau das. Das was übrigbleibt, wenn alles andere verschwunden ist.
Wäre man pathetisch könnte man sagen ‚Was vom Leben bleibt‘. Ist man natürlich nicht, deshalb eher: Junip ist Kraut-Rock-Synth-Shoe-Pop-Folk-Gaze mit Tiefensympathie. Oder so.
„Junip“ von Junip ist am 19. April 2013 bei City Slang erschienen.
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