Hörenswert: Klemens Hannigan: „Low Light“
Slow-Dance-Deep-Pop aus Island für ehemalige, dysfunktionale aber gefühlvolle Alkoholiker.
Klemens Hannigans „Low Light“ ist Indie-Art-Pop, roh und voller frevelhafter Emotionen zwischen dem Sound von Radiohead, Sneaker Pimps und Massive Attack.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 9.2.24 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 15.2.24 ab 00:00 Uhr
“This is a dead honest love ballad dressed in a steaming hot pop outfit, Like a
nice schnitzel on the grill or a finely crafted living room centerpiece“
No Time To Get Heartbroken
Es war, wird berichtet, eine warme Sommernacht, als sich Leifur Björns und Klemens Hannigan zum ersten Mal trafen. Beide hatten eine Vergangenheit als professionelle Alkoholiker, angesichts dieser Nüchternheit und dieser Gemeinsamkeit kamen sie sich schnell näher. Sie kennen sich – natürlich, als Isländer – über gemeinsame Freunde und Familie und stellten fest, dass sie schon lange die musikalischen Projekte des anderen bewunderten.
Klemens wühlte sich mit seinem preisgekrönten Multimediaprojekt HATARI gerade durch eine turbulente Zeit – Teilnahme am Eurovision Song Contest – und wollte immer noch den Kapitalismus in die Knie zwingen, schrieb aber neben seiner Lack-und-Leder-Pornoboy-Rolle auch herzzerreißende Liebesballaden. Leifur war da gerade mit der ultraschallstarken Band Low Roar unterwegs.
Klemens, der neben seinen musikalischen Projekten auch ein Studium in Bildender Kunst abschloss, Möbel designt und in Galerien ausstellt, holt sich für sein Solo-Debütalbum neben Leifur auch Howie B. mit ins Boot, einer der Pioniere der britischen Underground-Elektronik-, Breakbeat- und Trip-Hop-Szene. Dieses Trio nimmt schließlich im Studio Silo, einem abgelegenen Aufnahmestudio in den Ostfjorden Islands, ein Album auf, das den innersten Gefühlen treu bleibt, durchtränkt ist von leibhaftiger Lust und vollkommener Eleganz.
Mit weichen und organischen Klanglandschaften, easy going Pop-Sounds und Trip-Hop-Anleihen groovt eine scheinbar verworrene, düstere und alles andere als nur fröhlicher Vergangenheit durch die ehrlichen, einfachen Gefühle und das große Spektrum zwischen Musik und Kunst. Hier wird so ganz groß gestartet, mit vollem Einsatz und Falsettstimme für die dunklen Nächte.
Spend Some Time On Me Baby
„Low Light“ ist das Ergebnis eines Dialogs zwischen Exilanten: Howie, der inzwischen fixes Mitglieder und auch Produzent der Truppe, schickte sein Feedback von der Ile d’Oléron, einer kleinen Insel vor der Westküste Frankreichs, nach Island, Klemens ergänzte um seinen quirligen, rauen und wunderschöner Gesang und viele Monate ritueller, schweißtreibender Musikproduktion, Komposition und Videotelefonate zwischen den beiden isolierten Inseln erschufen ein wahrhaftig sehnsüchtiges Drone-Pop-Album.
Für seine neue künstlerische Phase hat Klemens Hannigan auch ein Manifest verfasst:
- You will be a naivist perfectionist.
- Making a fool of yourself is something you shall take seriously.
- Examine your own navel, with humility.
- You shall go out of your way to feel sorry for yourself.
- You will acknowledge your helplessness against art.
- You shall maintain complete control of art.
- You will lay your heart on the table. Then you will invite people for dinner.
- You are as dependent on your pedestal as it is dependent on you.
- Art has no sympathy for its neighbor.
- Art removes the veil from the artist’s head. Mercilessly.
This is all inevitable.
Na dann!
„Low Light“ von Klemens Hannigan ist am 2. Februar 2024 bei MASSIVE 92 erschienen.
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