Hörenswert: Lance Canales & The Flood – „The Blessing and the Cure“
Freitag, 23. Oktober 2015 ab 14:08 Uhr: Lance Canales und seine Band The Flood erschufen mit „The Blessing and the Curse“ eine sehr persönliche und doch universelle Folk Opera über das Leben und den Tod, über beide Individuen zwischen Fluch und Segen.
Canales knurrt und stampft in den schweren Arbeitsstiefeln seines Großvaters, die Bluesgitarre jault mal erfüllt von Zorn, von Hoffnung oder dem Verlust derer oder wird auch bestimmt durch Aufbruch und Ausbruch. Und doch bewegt sich die Musik nicht in den typischen Americana oder Country Klischees. Sondern bleibt dicht den Wurzeln und lässt, so scheint es, die Geister die Geschichte erzählen.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 23.10.15 ab 14:08 Uhr, Wh am Donnerstag, 29.10.15 ab 00:00 Uhr.
Lance Canales & The Flood – bestehend aus Jake ‚Cobra‘ Finny (Bass) und Daniel Burt (Drums) – stammen aus Kalifornien, angeblich konnte Canales schon als Kind Pferde zähmen. Wenn dem wirklich so ist hört man das heute irgendwie immer noch: Roots-Blues, Americana, Folk, Rock und die jaulenden verzerrten Gitarren, druckvolle Drums und eine rauchige Stimme – Ähnlichkeiten zu Björn Berge tun sich da unverzüglich auf.
Canales scheut aber auch nicht vor scharfen und kritischen politischen Statements – „The Blessing and the Cure“ bezieht sich nicht nur auf die für den Americana Blues so typischen Geschichten, sondern geht weiter, durch die sehr autobiografische Tracklist ziehen sich tief die Spuren von Ausbeutung, von Ausgestoßenheit, von Verachtung und Machtverhältnissen. Canales‘ Musik ist fesselnd und unwiderstehlich, schlägt die Brücken zwischen Folk-Blues und der Latino-Community, zwischen Leben und Tod – und erzählt .
Mit Upbeat und stampfenden Hymnen in „California or Bust“ vom kalifornischen Central Valley, Canales‚ Heimat. Mit Düsterblues und Akustikgitarre in “Hich-Wyah Man”und “Cold Dark Hole” in Selbstironie von sich selbst – ‚OhOh Lord! Oh Lord! I’ve been down‘. „The Farmer“ ist für all die Männer, Frauen, Väter und Mütter, die arbeiten bis die Sonne ‚bury their bones‘ – ein Gedenken an seinen eigenen Vater und Großvater. ‚Weary Feet Blues‘ geht mit uns durch die karge Landschaft der Wüste und lässt uns wortwörtlich um Gnade vor der brennenden Sonne betteln. Aber Canales geht weiter. „Deportee“ sind die Gedenken an Fremd- und Gastarbeiter, die „die in your desert“, eine Adaption von Woody Guthrie’s „Plane Crash at Lost Gatos: Deportee“ von 1948.
Guthrie schrieb den Song als Reaktion auf einen Flugzeugabsturz nahe dem Los Gatos Canyon, er zeigte die Namen der mexikanischen Opfer auf, die damals einfach „Deportees“, die Deportierten, genannt wurden. Das melodische Knurren und die schweren Schritte lassen fast Bilder auftauchen. In “Sing No More” gibt Canales das Heulen und Schreien auf und beschließt ‚write a song and cry no more, because his heart is aching now and can’t take it no more‘, um im finalen „Stomp It Out“ in Guerilla Manier und einem Call-and-Response-Chor im Upbeat-Tempo weiter zu marschieren.
Vom Fluch und Segen des Lebens, alles was dazwischenliegt, die Einsamkeit und Kälte der Gesellschaft, der Umgang mit Außenstehenden, Vertriebenen und Ausgebeuteten. „The Blessing and the Cure“ gibt das eine ohne das andere nicht her. „Death Don’t Have Mercy“ ist jene eine epische Erkenntnis, verstärkt durch eine wunderbare weibliche Gospel-Stimme, irgendwo zwischen Schmerz, Resignation und das Warten auf Tods Ankunft. Aber keineswegs nur hoffnungslos, sondern eher mit einer jetzt-erst-recht-Attitüde.
Somit verbleibt man nicht nur mit der Erkenntnis, dass irgendwann einfach alles vorbei ist. Sondern auch damit, was zu tun ist, bis es soweit ist. Fluch hin oder her, wir sind vorbereitet. „RootStomp” music, is a rare acoustic hybrid of moody landscapes, pulsing beats, bottom end moans, and high octane guitar picking. But that’s only the half of it“.
„The Blessing and the Cure“ von Lance Canales & The Flood ist am 28. August 2015 bei Music Road Reecords erschienen.
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- http://www.lancecanalesandtheflood.com
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