Hörenswert: Marta Topferova – „The Other Shore“
In der Tat scheint es die gebürtige Tschechin nach ihren viel umjubelten spanischsprachigen Alben zu anderen Ufern zu ziehen. Denn auf „The Other Shore“ wechselt Marta Topferova ins Englische und entfernt sich dadurch ein Stück weit von dem Genre ‚Latin‘. Und auch musikalisch scheint sich Topferova allmählich von der lateinamerikanischen Folklore zu lösen, die sonst recht puristisch auf ihren bisherigen Alben erklungen ist.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 20.04.12 ab 14:08 Uhr, Wh am Donnerstag, 26.04.12 ab 00:00 Uhr.
Ein mutiger Schritt. Denn nach dem großen Erfolg, den sie vor allem mit Ihrem Debut „La Marea“ feierte, war so ein Wandel nicht unbedingt zu erwarten. Allerdings ist vordergründig auch vieles beim Alten geblieben: Noch immer schwebt Topferovas unglaublich ausdrucksstarke Stimme mit großer Gelassenheit über einen sehr kammermusikalischen Kontext, der mit ganz wenigen Mitteln ungeheuer viel Atmosphäre und Spannung zu erzeugen weiß. Doch bei genauerem Hinhören wird deutlich, dass „The Other Shore“ einfach anders gemacht ist als Ihre Vorgängeralben. Spielte Topferova bisher noch auf ihrer kleinen südafrikanischen Gitarre (der Cuatro), ist sie hier fast ausschließlich auf der konventionellen Gitarre zu hören. Und auch musikalisch schafft es Topferova die bisher ausdrücklich südamerikanische Konnotation in einen musikalischen Kontext zu transformieren, der wesentlich neutraler und offener gehalten ist, dabei aber nichts an Spannung einbüßt.
Natürlich wird dieser Wandel nicht allen in der New Yorker Latinszene, deren Teil sie seit über 20 Jahren ist, gefallen und auch einige Fans des Genres werden sich bestimmt sehnsüchtig die ‚alte‘, in spanisch singende Topferova wieder zurückwünschen. Und tatsächlich hat Topferova durch diesen Wandel etwas den Charme des Andersartigen und Fremden verloren. Jedoch besticht dieses Album nicht zuletzt aufgrund Topferovas exzellentem Songwriting, den wunderbar luftigen Arrangements und dem kindlich verspielten Ansatz, der auch immer wieder wunderschöne Instrumentalduette zulässt, die gelegentlich mit dem entspannten Grundcharakter des Albums brechen. So wie es beispielsweise bei dem recht heterogenen Stück „Sureal Dream“passiert, dessen recht gefällige Grundstimmung im letzten Drittel eine Art von Dekonstruktion durch den Einsatz von E-Gitarre und BreakBeat-Schlagzeug erfährt. Vielleicht ist Topferovas Wandel als eine Art von Befreiung zu verstehen, bei dem sie sich von (lateinamerikanischen) musikalischen Klischees befreien möchte. Es wird sich zeigen, an welche musikalischen Küsten es Marta Topferova noch verschlagen wird. Hoffentlich können dabei alle folgen.
Das Album ist am 16. März 2012 bei World Village erschienen.
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