Hörenswert: SPRINTS – „All That Is Over“

SPRINTS raffen in „All That Is Over” beinahe wirklich alles zusammen, komprimieren es, erhöhen den Druck ins schier Nicht-Aushaltbare und lassen das Ganze dann in furiosen Garage-Punk explodieren. To the bone!
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 3.10.2025 ab 14:06 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 16.10.25 ab 00:00 Uhr.
Für die Iren SPRINTS lief soweit alles wie am Schnürchen, und das mit Punk! 2019 in Dublin gegründet, machten sie bald schon mit den Singles „Kissing Practise“ und „The Cheek“ auf sich aufmerksam, 2021 erschien die Debüt-EP „Manifesto“, 2022 „A Modern Job“ und Anfang 2024 das Debütalbum „Letter To Self“, das es in die Top 20 der UK-Charts schaffte, von Pitchfork, NME und DIY hochgelobt wurde und SPRINTS in die erste Liga der europäischen Post-Punk-Bands katapultierte. SPRINTS – Karla Chubb (Vocals, Gitarre), Sam McCann (Bass), Jack Callan (Drums) und Zac Stephenson (Gitarre) – sind vor allem durch herrliche Moshpits, unaufhaltsame Energie, Konzertrausch mit unausweichlichem Crush auf Chubbs schneidende Stimme sowie hart schweißtreibendes und gleichzeitig poetisches Songwriting etwas für die reine Bewegungsfreude zu lauten Gitarren.

Das zweite Album „All That Is Over“ liegt nun irgendwo zwischen wirklicher Wut, Ambition, elektrisierender Aufgeladenheit, durchdachter Revolution und spielerischer Provokation, geschrieben in Tourbussen, bei Soundchecks, in Echtzeit zum Leben, vor dem Hintergrund der grausamen Gegenwart. Und gibt vielleicht genau deshalb der ganzen verrückten Welt einen sehr guten Grund, zur Abwechslung wegen so richtig guter Musik auszuzucken. Hier wird es auch laut und roh und hart aber die Sinnsuche verläuft bei Musik halt meist erfolgreicher, anstatt bei Religion oder Politik und anderen Durchgeknallten. Hier kann man sich selbst nur in Lärm verlieren.
Das Album erweitert nicht nur introspektiv den Blick, auch nach außen: Es atmet das rastlose Unterwegssein und den permanenten Ausnahmezustand einer Welt, die in Flammen steht und übersetzt diese Krisen in rohe Energie, kanalisiert durch persönliche Kämpfe und die unerschütterliche Notwendigkeit von Kunst als Ventil, groß, komplex und selbstbewusst. Fremdzuschreibungen werden hier mit Gitarrenwänden, scharfen Riffs und düsteren Klangräumen zwischen Chaos und Kontrolle begegnet – und öffnen sogar den Raum für Sehnsucht und Hoffnung.
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Mehr InformationenIn „Abandon“, dem langsam brennenden, düsteren Opener von „All That Is Over“, findet sich eine Zeile, die den Kern des auflodernden Dubliner Quartetts im Hier und Jetzt trifft: „I don’t grow old / I grow unrecognisable.“ Eine Beschwörung von Dantes Inferno und das schmerzhafte Gefühl von Entfremdung in der eigenen Stadt – Man ahnt schon, dass es hier noch zum Flächenbrand ausartet. Hauntig wird’s in „To The Bone“, bevor die Gitarren losdreschen und Karla Chubbs und Sam McCanns Vocals sich durch den Noise schneiden. „Descartes“, die erste Single, destilliert die Grundhaltung des Albums in einen nervenzerrenden Schrei: „I speak so therefore I understand.“ Eine radikale Umdeutung also logische Weiterführung, die SPRINTS auf dem stabilisieren, das was sie am besten können: Den Sprint in perfekt adäquaten Sound zu verwandeln, der Drang zum Loslaufen ist schon ziemlich intensiv. „Rage“ trägt einen Desert Noir-Anstrich, irgendwo zwischen Dandy Warhols und staubigem Western-Soundtrack, „Desire“ kombiniert Radiohead-artige Spannungsbögen mit spaghetti-westernartigen Gitarrenfiguren. Das My-Bloody-Valentine-vernebelte „Better“ erhebt sich zu einer hymnischen „Anti-Love-Song“-Wand.
SPRINTS, das sind diese letzten 100 Meter, auf denen du dich befreien kannst. „All That Is Over“ ist ein Manifest des Überlebens im Chaos. Und Musik ist immer auch Kampfansage und Heilung zugleich. „Es ist musikalischer Exorzismus vom Feinsten, der sich gegen gesellschaftlich auferlegte Zweifel und Ängste wendet und – in seinem einzigartigen Horror – willkommene Momente innerer Ruhe findet.“ – DIY
“All That Is Over” von SPRINTS ist am 26. September 2025 bei City Slang erschienen.










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