Hörenswert: Throttle Elevator Music & Kamasi Washington – “Final Floor”
Mit Vollgas erreicht dieses US-amerikanische Kollektiv das letzte Stockwerk ihres musikalischen Konstrukts, das aus einer wilden Mischung von Jazz, Garagen-Rock, Punk und Funk gebaut ist.
Wie aus dem Albumtitel zu entnehmen ist, handelt es sich laut Produzent und Komponist Gregory Howe um die letzte Aufnahmesession dieser fantastischen Studioformation, die sich mit hoher improvisatorischer Finesse in einem musikalischen Niemandsland in Rage spielt.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 30.07.21 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 05.08.21 ab 00:00 Uhr.
Es ist dieses grenzenlose Niemandsland, welches in Ermangelung an eindeutigen Parametern die gängigen musikalischen Genres ad absurdum führt. Doch auch diese Eigenschaft schützt nicht vor Vergleichen: Seit dem Jahre 1969 und dieser historischen Veröffentlichung muss Miles Davis “Bitches Brew” als Ausweichkategorie für eine Art von Musik herhalten, die ohne individuelle zerebrale Leistung nicht einwandfrei zuordenbar ist.
Genau das ist auch bei diesem Kollektiv der Fall, das von Labelgründer, Produzent und Komponist Gregory Howe 2011 ins Leben gerufen wurde. Neben dem umjubelten Saxofonisten Kamasi Washington, dem Pianisten/Bassisten Matt Montgomery und dem Gitarristen und Schlagzeuger Mike Hughes komplettierten bis 2017 der Trompeter/Flügelhornist Erik Jekabson,der Gitarrist Ross Howe,der Saxophonist Kasey Knudsen und der Organist/Keyboarder Mike Blankenship die Formation.
Es ist wohl diese Suche nach neuen Ausdrucksformen, die dem Jazz seit jeher innewohnt und die so manchen Jazzexperten den Kopf und so manches Genre sprengen. Throttle Elevator Music sucht auch auf ihrem sechsten Album nach Schnittstellen zwischen den unterschiedlichsten musikalischen Genres und ihren sehr eigenen musikalischen Ansätzen. Auch auf “Final Floor” setzt die Formation ihre Suche mit aller Konsequenz fort. Das Album eröffnet mit einer originalgetreuen Interpretation von Deodatos „Also Sprach Zarathustra (2001)“, die hier unvergleichlich sphärisch schwebend klingt. Doch gleich darauf wird es dann energetischer: Ohne Berührungsängste was den Gebrauch von Effekten wie Delay oder Verzerrer angeht, improvisiert sich das Kollektiv durch musikalische Formen, die vordergründig bisher wenig mit dem Begriff ‘Jazz’ im herkömmlichen Sinne zu tun haben. So könnte der Anfang von “Fast Remorse” mit seinem Achtel-Bass auch durchaus von Radiohead oder Monster Magnet stammen. “Ice Windows” hingegen hat den Charakter einer Funk-Rock-Nummer, die den explosiven Ausbruch stets nur andeutet.
“Final Floor” ist ein knapp 40 minütiges Feuerwerk; zusammengebastelt aus Outtakes, Versatzstücken und Ideen, die auf den vorherigen Veröffentlichungen keinen Platz gefunden haben. Das macht das Album aber keinesfalls schlechter als seine Vorgänger. Im Gegenteil: dieses letzte Tondokument zeugt vielleicht mehr als alle anderen von der Raffinesse und der improvisatorischen Kraft des Kollektivs, das das letzte Stockwerk erreicht hat.
“Final Floor” ist am 9. April 2021 auf Wide Hive Records erschienen.
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