Hörenswert: Tony Allen – “There is no end”
Das grandiose Spätwerk des letztes Jahr verstorbenen nigerianischen Meisterschlagzeugers wird von dem Label Blue Note posthum um ein Kapitel erweitert. Nach der Eigeninterpretation der Musik Art Blakeys und der Kollaboration mit Detroit-Techno-Legende Jeff Mills liefert Allen nun das rhythmische Grundgerüst für ein böses und deepes Hip-Hop-Album, dass auch durch die Auswahl der Rapper einfach fantastisch klingt.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 21.05.21 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 27.05.21 ab 00:00 Uhr.
Die Liste der Lobgesänge auf Allen ist lang und erlesen; die Adepten unzählig. Vielleicht war dieser Mann einer der letzten Schlagzeuger, die einen ganz eigenen Stil entwickelten. Was Tony Allen unter Fela Kuti rhythmisch entwickelte, sollte später sogar ein eigenes Genre bekommen: den “Afro-Beat”. Am Schlagzeug lenkte er mit seinem einzigartigen Laid-Back-Feeling riesige Formationen mit über zwanzig Musikern. Seitdem beeinflusste er ganze Scharen von Schlagzeugern und Bands auf der ganzen Welt, die mit völlig überflüssigem Purismus etwas bewahren wollten, was für ihn selbst schon längst seiner musikalischen Vergangenheit angehörte. Es gibt wenige Musiker, die in ihrer Entwicklung nie stehen geblieben sind und ihre kindliche Neugier auf etwas Neues nie verloren haben. Tony Allen gehörte auf jeden Fall zu diesen, und somit ins Pantheon der großen Innovatoren.
Als er 1984 nach Paris zog, war dies sicher ein großer Einschnitt in seinem Leben. Nach jahrelanger Heroinsucht waren es Damon Albarn und Doctor L, die Allen zurück ins Rampenlicht brachten. Was folgte, waren einige fantastische Alben wie “Psyco on da Bus” (2001) und “Homecooking” (2002); und später für Blue Note der “Tribute To Art Blakey” (2017) und “Tomorrow comes the Harvest” (2018) mit Jeff Mills.
Tony Allen ist tot. Er starb natürlich mitten in der Arbeit an einem Album, das in Zusammenarbeit mit der vitalen jungen Generation von Rappern, von denen er völlig begeistert war, entstehen sollte. Anscheinend hat Allen die Drum-Beats noch komplett eingespielt. Das ganze posthum zusammengefügt haben dann Allens Produzenten Vincent Taeger und Vincent Taurelle. Sicherlich würde “There is no end” anders klingen, wenn Allen selbst mitproduziert hätte. Vielleicht wären da in all seiner Deepness auch ein paar weniger Pop-Arrangements. Doch auch so ist etwas sehr schlüssiges herausgekommen, das einmal mehr unterstreicht, welche musikalische Universalität den Afro-Beat-Rhythmen Allens innewohnt. Dem Kenner sind die Grooves natürlich vertraut. Das Drum-Pattern von “My Own” findet sich in leicht abgewandelter Art auch auf der Nummer “Every Season” von 2002, auf der bereits bewiesen wurde, wie gut die Grooves mit Hip-Hop funktionieren.
“There is no end” ist zu Allens erstem Todestag veröffentlicht worden und beginnt mit “Tony’s Praeludium”, das aus 28 Sekunden Stille besteht. Danach folgt Begeisterung. Denn mit “Stumbling Down” folgt eine Klasse-Nummer, auf der Sampa the Great sensationell zu den relaxten Grooves von Allen ihre Strophen legt. Im weiteren Verlauf kann das Album trotz der ausgewählten Gastrapper nicht immer dieses supercoole Niveau halten. Vielleicht wurde hier etwas zu viel wert auf das Klangbild des Hip-Hop Genres geschielt. Doch auch “There is no end” ist ein weiteres geniales Album dieser Legende, deren Lebenswerk gar nicht genug gewürdigt werden kann.
“There is no end” ist am 30. April 2020 auf Blue Note erschienen.
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