Hörenswert: Yann Tiersen – „Kerber“
Ein (fast) vergessener Ort, ein weltberühmter Komponist, die keltische See.
„Kerber“ ist der Name einer Kapelle auf der IIle d’Ouessan, auf der Yann Tiersen wohnt. Eine der westlichsten Orte Frankreichs, auch „Insel des Weltendes“ genannt. Ein Ort, so passend für das neue Album und 12. Studioepos von Tiersen, für die Erforschung der unendlichen Kleinigkeit, für die Ruhe des Seins.
Hörenswert. RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 27.08.21 ab 14:06 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 02.09.21 ab 00:00 Uhr
Eine Reise, dem Auge nach.
An diesem einen Ende der Welt, etliche Kilometer von der französischen Festland-Küste entfernt, baut sich Yann Tiersen sein Studio „The Eskal“, in dem er sich auf „Kerber“ einmal mehr auf eine akustische Reise durch eine zuweilen karge, trostlose und dennoch so faszinierende und große Landschaft. „Kerber“ ist das erste, richtig elektronische Album des Franzosen, das in sieben Kapiteln vom Inselleben erzählt. Sorgsam gesammelte Eindrücke des Lebens, verwahrt in einer Klangatmosphäre zwischen Klavier und Synthesizer, elektronischen Samples und fast greif- und spürbare Akustik, vereinzelt brechen elektronische Gewitter aus den Klangwolken hervor. Die Vielseitigkeit von Yann Tiersen wird umso deutlicher in der Reduziertheit seiner Musik, Hineinfallen wird empfohlen.
Neue Tinte für ein neues Kapitel.
Tiersen ist der Meister der Vertonung der Gefühle, „Kerber“ ist das Glanzstück der Ver-Akustisierung einer Landschaft: Inspiriert durch die unmittelbare Umgebung komponiert er Ort für Ort, konzeptioniert eine Kartografie seiner Heimat, vertont das Leben. Strukturiert und durchdacht, wie die Vermessung einer Gefühlswelt, eine Schatzkarte zum unsichtbaren Ziel, natürlich nicht, ohne gewisse Abenteuer auf der Reise zu erleben.
Sie lockt uns in reinster Expression einer Offenheit und Neugierde hinaus – eine reine Wohltat zu diesen Zeiten. Und das nicht zum Ersten Mal: „Kerber“ nimmt die Solo-Klavier-Takes von EUSA (2016), Tiersens erstem Album über seine bretonischen Heimatliebe, und stellt sie der Elektronik vor. Die beiden verlieben sich und leben glücklich bis an ihr Albumende…
»Man denkt vielleicht intuitiv, ›Oh, das ist Klavierzeug‹, aber eigentlich ist es das
nicht. Ich habe anfangs mit Pianospuren gearbeitet, aber das ist nicht der
Kern der Sache, sie sind nicht wichtig. Der Kontext ist
das Wichtigste – das Klavier war ein Vorläufer, um etwas zu schaffen, um
das herum die Elektronik arbeiten konnte.«
„Kerber“ ist Melancholie, Geduld und Sehnsucht, mit perfekter Produktion von Gareth Jones (u.a. Einstürzende Neubauten, Depeche Mode oder Nick Cave And The Bad Seeds). Yann Tiersen komponiert seine Musik als essenzieller Teil des Ökosystems, wandert durch seinen Teil der Welt und lässt uns teilhaben. Und er vermeidet auf seinen Wanderungen zu viele Begegnungen.
Es ist die Einsamkeit, die das Gemüt zurück zur Ruhe führt.
„Kerber“ von Yann Tiersen ist am 27. August bei Mute Records erschienen.
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