Lyapis Trubetskoy

Artarium am Sonntag, 13. März um 17:06 Uhr
Hierzulande weiß man wenig über die Lebenswelt und Kultur jenseits des kyrillischen Vorhangs. Eigentlich nur das, was uns die jeweiligen Welterklärer in den staats- und marktnahen Medien beibringen.
Oder das, was sich aufgrund hoher Reichweite in sozialen Netzwerken durchsetzt. Dabei gibt es in den postsowjetischen Ländern, von denen derzeit dauernd die Rede ist, durchaus kritische Kunstschaffende, die uns vermitteln können, wie sich das Leben dort seit 30 Jahren anfühlt. Die Innenwelt wohlgemerkt, die Phantasien und Gefühlejenseits von Staatsmacht und Kommerz. Die belarussische Band Lyapis Trubetskoy zum Beispiel, die 2014 am Maidan in Kiew aufspielte, und der russische Videokünstler Alexey Terehoff, der einige ihrer besten Musikvideos produziert hat.
Schon die Schreibweisen Ляпіс Трубяцкі (belarussisch) und Ляпис Трубецкой (russisch) bereiten uns gewisse Suchmaschinenprobleme. Hinter der digitalen Hemmschwelle jedoch tut sich ein bilderflutender Kosmos auf, der uns unmittelbar ins Fühlen und Verstehen jener ach so geheimnisvollen Gesellschaftenhinein zieht, die dort hinter dem ehemaligen eisernen Vorhang ihr ganz eigenes Wesen entwickeln … Immer aus der Sicht jener nicht im herrschaftlichen Mainstream des verordneten Funktionierens leben wollenden “Abweichler und Widerständler” bieten sie tiefe Einblicke in die feuchten Träume der Machthaberer und auch in die Albträume der Ausgepressten. Wie so ein Post-KGB-Kapitalismus funktioniert, haben sie in ihrem legendären “Kapital” gezeigt (das daher auch in Russland verboten wurde). Verschwitzte Allmachtsphantasienaller Arten werden in “Bolt” atemlosmachend vorgeführt. Gewaltsexuelle Räuscheund Verlustängste, die uns schon beim “Aufmarsch der Zipfelmänner” inspirierten.
Was uns die Dichter damit sagen wollen, das entzieht sich (eben weil es Poesie ist) der “offiziellen” Interpretation – das können (und sollen) wir selbst entdecken. Was ist die Botschaft von Броненосец und seiner Verschmelzung von Sergej Eisenstein mit politischer Stencil-Art? Ты ни при чём? Sind wir gefühllos gepanzert gegen das Leiden der Welt? Oder Воины Света, das als “Warriors of Light” zur Hymne des ukrainischen Maidanaufstands verklärt wurde, wie ist der Text zu verstehen?
Verstehe, wer will – hier ein paar mögliche Übersetzungen – wer Ohren hat, zu sehen, der spüre! Was für Drogen nehmen diese Leute? Oder, wie Ostap Bender das in “Zwölf Stühle” weiter gedacht hat: “Was kostet das Opium für das Volk?”
Sendungen zum Nachhören
Lebens Geschichten
Geschichten, die das Leben erzählt, spiegeln sich in den Menschen, die sie erlebt haben – nein, eigentlich auch immer noch erleben. Und wenn sie das tun, also von ihrem Erleben erzählen, dann verlebendigen sie ihre Erfahrungen für uns andere und “der sprichwörtliche Funke” kann regelrecht…
Rebellen und Revolutionäre
Wenn wir an Rebellen denken, dann kommen uns zunächst die rebellischen Posen all der “angry young men” aus der Popkultur in den Sinn, des weiteren wohl auch allerlei gegen irgendein Unrecht Aufbegehrende und nicht zuletzt unzufriedene Frauen wie zum Beispiel Pussy Riot. Wenn allerdings von…
Appear Disappear
Zum 40. Bandjubiläum von The Young Gods aus der Schweiz ist schon so gut wie alles gesagt. “Nur halt noch nicht von allen.” (Karl Valentin). Auch wir haben uns ja in den vergangenen Jahren über das eine oder andere Werk dieser angenehmst vielseitigen Grenzüberschreiter und…
Weiterjandln
“Weiterjandln”… So hieß das Geburtstagsfest, das die Salzburger Autor*innengruppe dem Sprachjongleur und Hintersinneinträufler Ernst Jandl unlängst ausgerichtet hat. Schon in unserer letzten Perlentauchersendung “komm mops komm” haben wir das Weiterleben seiner Denk- und Sprechwelt in vielen verschiedenen heutigen Ausdrucksweisen aufgezeigt. Und diesmal setzen wir noch…
Die heilige Johanna
Diesmal stellen wir euch ein im angenehmsten Sinn “etwas anderes” Theaterprojekt vor, das uns darauf neugierig gemacht hat, endlich wieder einmal eine Aufführung mit allen Sinnen zu genießen – und nicht einfach nur brav blökend das sonst übliche Überangebot zu konsumieren (wovon wir uns aber…










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