Hörenswert: PeterLicht – „Melancholie und Gesellschaft“
Die Kunstfigur PeterLicht setzt auf ihrem vierten Album auf Melancholie, ohne dabei auf die Tränendrüse zu drücken und beschert uns mit „Melancholie und Gesellschaft“ herrlichen Deutsch-Pop.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche am Freitag, 12.09.08, ab 14:08 Uhr, Wh am Donnerstag, 18.09.08, ab 00:00 Uhr
Bei PeterLicht ist eine Entwicklung feststellbar. War es anfangs noch elektronischer Indie-Pop, der den Stil von Meinrad Jungblut kennzeichnete, so stehen auf der aktuellen Veröffentlichung Klavier-, Gitarren- und Streicherarrangements im Mittelpunkt. Infantile Elektronikspielereien sind passé. „Melancholie und Gesellschaft“ ist kein Homerecording-, sondern ein Bandalbum geworden, das er zusammen mit Jochen Naaf (auch für die Produktion verantwortlich), sowie Tobias Philippen, Hanno Busch und Florian Bungardt realisiert hat, die auch seiner Live-Combo angehören.
Auch textlich ist bei dem Wahlkölner Meinrad Jungblut (ob das wirklich sein bürgerlicher Name ist, bleibt wohl sein eigenes Geheimnis) eine Veränderung feststellbar. Narrative Erzählstrukturen haben Oberhand gewonnen, endgültig vorbei sind die (gelungenen) Dada-Experimente, es wurde die Richtung Singer/Songwriter-Album eingeschlagen. Auf den Witz und Sarkasmus vergangener Tage verzichtet PeterLicht deshalb nicht, jedoch geht es nun deutlich ernsthafter zu.
PeterLicht erzählt vom hier und jetzt, inhaltlich geht es um den Job, Alltag und Beziehungen.
Beim mit über sechs Minuten Spielzeit längsten Stück des Albums „Marketing“ prangert PeterLicht die Marketing-Maschinerie der westlichen Welt an und bedient sich dabei einer Verben-Aneinanderreihung in alphabetischer Reihenfolge.
In „Trennungslied“ dreht sich das Beziehungskarussell, in „Stilberatung (Restsexualität)“ nimmt PeterLicht zur Vermarktung der Sexualität Stellung, im Schlussstück „Landlied“ entflieht er der Stadt.
Die intelligenten Texte deuten an, dass PeterLicht nicht nur Musiker, sondern auch Pop-Literat ist. Als Schriftsteller konnte er im Jahre 2007 beim Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb im Wettlesen nebem dem Publikums-Preis auch die 3-sat-Auszeichnung einheimsen. Bei der TV-Aufzeichnung stellte er allerdings den Kameramann vor eine Herausforderung, denn PeterLicht lässt nicht zu, dass sein Gesicht gefilmt oder fotografiert wird. Diese Erfahrung durften bereits auch die TV-Zuschauer von Harald Schmidt machen.
Für die Cover-Fotografien des Albums „Melancholie und Gesellschaft“ (auf denen ebenfalls keine Gesicher erkennbar sind) war die Performancegruppe SEE! verantwortlich.
Im Rahmen seiner im Oktober startenden Tournee wird PeterLicht am 19. Oktober auch in der ARGE-Kultur Salzburg zu hören (und sehen) sein.
Die neue Platte macht jedenfalls Lust auf ein Live-Erlebnis, denn sie ist wunderbarer, reduzierter Deutsch-Pop!
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