Angela Aux – „Instinctive Travels on the Paths of Space and Time”
Erhabene und schlichte Schönheit der weit entfernten Dimensionen.
Angela Aux, das Wesen außerhalb von allem, unternimmt mit uns instinktive Reisen auf den Pfaden von Raum und Zeit und zeigt uns die Galaxien am Himmel. Ein Album, das bereits jetzt wie ein Klassiker der Zukunft wirkt und uns wie ganz selbstverständlich die Berge rosa und den Zustand schwerelos erleben lässt. Fein erzählte psychologische Innerlichkeit mit großem Hang zur Erweiterung. Alles Spiegel, nichts verkehrt.
Hörenswert, das Radiofabrik-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 28.4.2023 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 4.4.2023 ab 00:00 Uhr
Almost Human After All
Angela Aux aka Florian Kreier, ein Drittel der experimental-Kraut-New-Weired-Bavarian-Band Aloa Input und als Poet als Heiner Hendrix bekannt, erzählt seit 2011 mit Lo-Fi-Folk die Geschichten der Welt, gibt uns seit 4 Alben regelmäßig Balsam für die intrisischen Therapiestunden und macht sie zu Meisterwerken.
Mit „Instinctive Travels on the Paths of Space and Time” führt er uns über künstliche Intelligenz und Algorithmen und erzählt von retrofuturistische Mythen und dem Silicon Valley. Produzierend mit dabei sind Wolf Lehmann, Ioana Selaru, Tobi Siebert, Samuel Irl, Frederike Bernhardt, Alex Sprave und Nico Sierig, spielend erweitern Maria Moling, Henny Herz, Lisa Nicklisch und Matze Pröllochs den Angela-Aux-Kosmos – und dieser erwächst ins Unendliche: Über uns erstrahlen die Zukunftsprojektionen in eine längst vergangenen Gegenwart, während sie erklingen, sind sie auch schon wieder gewesen. Während wir so dahinwandern, schweift das Bewusstsein ab – je digitaler die Welt, desto analoger sind schließlich die Träume. Sind wir schon Mensch, schon Maschine? Gibt es dabei überhaupt noch Trennungen? Viele Fragen und noch viel mehr Antworten.
Anywhere To Nowhere
Das mit Angela Aux ist so eine Sache; immer wieder fasziniert die leichtfüßige Art von Florian Kreier, die schier mühelose Auflösung der Realität und der Grenzen der weltlichen Vorstellung. Transmedialität in Musik, Raum und Sein, seitens des Künstlers genauso wie im Publikum. Die Vorstellung, bei einem Konzert auf außerirdisches Leben zu treffen, erscheint absolut plausibel, ich würde mich bestens vorbereitet fühlen. Denn so nähert sich Angela Aux geschmeidig, mit Luftigkeit und unglaublicher Sanftheit, mit Synthie-Slides, Streicher-Melodie-Bögen, mit Indie-Pop, Krypto Folk und weit gespanntem Bass der Vielschichtigkeit der Dinge und wir uns einer Art tröstenden Zukunft. Was in dieser Zukunft noch unklar ist, kitten Songstrukturen mit fehlende Puzzle-Teilen („Missing Link“), Streicher ziehen uns in den Song und die Lyrics kommentieren alles, was uns absurd erscheint, einfach wie in einem Bugs-Bunny-Cartoon („Start a Fire“).
Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube. Mehr erfahren
Ob nun eine KI Politiker-Reden schreiben sollte (wäre das ein Upgrade?) oder Katzen bald Chauffeure von autonom fahrenden Autos werden (ich wäre dafür): Die Suche nach der Menschlichkeit bleibt dieselbe. Angela Aux bringt uns aber später am Abend wieder wohlbehütet nach Hause, wie die schwebende Grinsekatze aber mit fingergezupfter Akustikgitarre.
War das letzte Album „In Love With The Demons“ (2019) reduziertes und wahnsinnig schönes Gleiten in emotionalen Geschichten (Anwärter auf die Kategorie Schönster Song ever: „Dreamt of the Death of a friend“), ist „Instinctive Travels on the Paths of Space and Time” eine noch weiter blickende Sci-Fi-Erzählung eines Aliens mit großen Fragen zum Universum. Quasi als Vorprogramm und Übergang gab es 2021 mit „Introduction to The Future Self“ eine Art Raumfahrt in die Zukunft, uraufgeführt in den Münchner Kammerspielen. Fragen, die schön langsam tatsächlich interessant wären und denen man aktuell förmlich beim Wachsen zusehen kann.
Angela Aux stellte sie zuerst und bereitet uns zauberhaft, beruhigend, wärmend und dennoch wehmütig auf das vor, das kommen mag. Keine Aliens, die in peace auf der Erde landen – eher sind wir die Aliens. Vielleicht sollten wir dem Universum Musik bringen.
Die Erde mögen wir zurück lassen, nicht aber die Musik von Angela Aux.
„Instinctive Travels on the Paths of Space and Time” von Angela Aux erscheint am 5. Mai 2023 bei Inselgruppe/ Alive.
Lass' uns einen Kommentar da