Hörenswert: Brandee Younger – “Somewhere Different”
Was sich vielleicht vorerst recht glatt und kitschig anhören mag, entpuppt sich als vielschichtiges Jazz-Soul Album, voll von kunstvollen Arrangements und Orchestrierungen.
Die US-amerikanische Harfenistin Brandee Younger legt mit “Somewhere Different” ein exzellentes Album vor, das auch die Expressivität nicht scheut und mit einem sehr breiten musikalischen Spektrum arbeitet.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 22.10.21 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 28.10.21 ab 00:00 Uhr.
Die Harfe führt im Jazz- und Soul-Bereich ein absolutes Schattendasein. Neben Troubardix, Alice Coltrane und Dorothy Ashby mag uns wohl auch keine berühmte Harfenistin in den Sinn kommen. Brandee Younger bringt mit ihrem Debut bei dem renommierten Label Impulse nicht nur die Harfe zurück in unsere Erinnerung. Es gelingt ihr auch ein hochmodernes Album, das am Puls der Zeit von fantastischen Musikern eingespielt wurde und in seinen besten Phasen die mystische Faszination des Instrumentes wieder zu geben vermag. Nicht umsonst spielte Orpheus die Lyra und beeindruckte mit ihr und seinem Gesang alles Seiende. Zudem ist Brandee Younger eine Virtuosin und es ist natürlich auch technisch beeindruckend, was sie auf der Doppelpedalharfe zu spielen vermag. Einem Instrument das als eher schwierig zu erlernen gilt.
Aber es ist eher der Spirit und dieses Schwebende, mit dem Brandee Younger in den guten Phasen von “Somewhere Different” tranceartige und betörende Gebilde schafft, die frei von jeglichen Berührungsängsten mit Effekten und expressiven Stimmungen arbeiten. Der Opener “Reclamation” besticht durch Energetik im Zusammenspiel und improvisatorischer Finesse. “Spirit U Will” aber schaukelt sich richtig schön hoch und erzeugt einen faszinierenden Sog. Hier wird auf den guten 7 Minuten Laufzeit mit Push&Power gespielt.
Sicher eine der besten Nummern auf “Somewhere Different”. Ganz stark ist auch “Olivia Benson”. Es ist zusammen mit “Tickled Pink” die einzige klassische ‘Jazz-Trio’ Nummer des Albums und kommt so nur mit Kontrabass (Hier spielt der große Meister Ron Carter!) und Schlagzeug aus. “Olivia Benson” weist eine herrliche Dynamik auf und lässt die sich ganz langsam aufbauende Spannung aus der Stille entstehen. Fantastisch klingen hier auch die unisono-Parts von Younger und Carter.
Auf guten 48 Minuten Spielzeit finden sich aber auch ein paar sehr säuselige Soultitel mit starkem Hang zum Kitschigen. Die Nummer “Pretend” ist eine solche, die gleich in zwei Versionen vorhanden ist. Hier nützt auch die kleine Rap-Einlage nichts mehr. Der Titeltrack, in dem sich ein Zitat von „Careless Whisper“ (George Michael) befindet, würde musikalisch auch ganz gut zu einer Rum-Kokos-Kugel Werbung passen.
Letzteres macht “Somewhere Different” zu einem durchwachsenen Album, auf dem die brillanten Nummern aber alles wieder gut machen.
“Somewhere Different” ist am 13.8.2021 auf Impulse erschienen.
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