Hörenswert: De La Soul – “And The Anonymous Nobody”
Lange war es still um die Formation, die 1989 mit ihrem Debutalbum „3 Feet High and Rising“ den Hip-Hop revolutionierten, indem sie diesen von seiner Gangster-Rap-Fratze befreiten und ihn in eine hochkulturelle Höhe voller Poesie und Ausdruckskraft hievten.
Nun meldet sich De La Soul endlich zurück und schenkt uns mit „And The Anonymous Nobody“ ein Album, das ob der enormen musikalischen Vielfalt und Reife die Genialität dieser Gruppe voll und ganz wiederspiegelt.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 30.09.16 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 06.10.16 ab 00:00 Uhr.
Nein. So etwas hatte man anno 1989 bisher noch nicht zu hören bekommen. Wenn sich damals zum ersten Mal die LP „3 Feet High and Rising“ auf dem Plattenteller eines Hip-Hop-Fans zu drehen begann, blieb einem wohl nur ungläubiges Staunen übrig. So kann Hip-Hop sein? So raffiniert? So verspielt? So freundlich? Und so intelligent?
Erst nachdem die Verblüffung ob der musikalischen Raffinesse und der unglaublich kunstvoll eingearbeiteten Samples sich nach zig Stunden einigermaßen gelegt hatte, war man wohl in der Lage sich den Lyrics zu widmen und man verstand: Nein, da geht es ja gar nicht darum wie viele Frauen die gef***t haben, wie geile Autos die haben, wie viele Leute die erschossen haben. Nicht Mal vom Ghetto war da die Rede! Da geht es ja um die Umwelt, um den Anspruch an sich selbst und um viele andere tiefgreifende Geschichten. Kurzum: Eins war sofort klar. Hier handelt es sich um ein Meisterwerk, um eine Revolution des Hip-Hop. Die Native Tongue Family war geboren.
27 Jahre später sieht die Sache mit dem Hip-Hop bis auf einige Ausnahmen eher traurig aus. Nachdem dieses Genre von der Musikindustrie lange genug am Nasenring durch die Manege der Märkte gezogen worden ist und alles Raue wegkommerzialisiert wurde, ist fast nichts mehr übrig geblieben von der einstigen Subkultur.
Doch zum Glück gibt es ein neues Album von De La Soul! Auch bei dieser Formation hat sich natürlich einiges geändert und oben angeführter Sachverhalt der Kommerzialisierung ist auch an De La Soul nicht spurlos vorbei gegangen. Gleich geblieben ist aber ihre generell verspielte Art, sich der Musik zu nähern und ihr Hang zu Interludes. Natürlich handelt es sich bei „And The Anonymous Nobody“ um ein Hip-Hop-Album. Jedoch um eines mit enormer musikalischer Vielfalt: Es stehen Pop, Soul, Funk, Hip-Hop und sogar Heavy Metal gleichberechtigt nebeneinander und dieses ursprünglich recht klar gefasste Genre hat hier eher die Funktion einer Schablone oder eines Prismas, in dem sich permanent die unterschiedlichsten Genres brechen.
Stellvertretend hierfür erklingt mit „Drawn (feat. Little Dragon)“ die letzte Nummer des Albums, die sich wunderbar aufbaut, eine Länge von 5:33 Minuten aufweist und bis fast zuletzt so gar nichts mit dem zu tun hat, was im Allgemeinen unter Hip-Hop verstanden wird. Viel mehr soll hier gar nicht verraten werden, denn schließlich sollte jeder selbst dieses grandiose Album für sich entdecken, das man trotz ein oder zwei Ausfälle ganz ohne Übertreibung als Meisterwerk bezeichnen kann.
Guests:
- Jill Scott
- Snoop Dogg
- Roc Marciano
- Estelle & Pete Rock
- Justin Hawkins
- David Byrne
- Usher
- Little Dragon
- 2 Chainz
- David Goldblatt
- Damon Albarn
Das Album ist am 26. August 2016 auf Aoi Records erschienen.
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