Hörenswert: Flirtmachine – „California Salzburg“

Verleg die Festung ans Meer und die Party an den Strand: Flirtmachine ist zurück!
„California Salzburg“ ist nichts weniger als eine liebevolle, leicht ironische Hommage an den Westcoast-Vibe – welches West und welcher Coast ist hier nicht so genau. Denn es klingt wie der Sonnenuntergang über dem Wasser, wie die Nachmittag-Drinks und wie das Wellenreiten: Mach die Augen zu und stell dir vor, du sitzt am Meer.
Hörenswert. RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 18.4.25 ab 14:06 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 1.5.25 ab 00:00 Uhr
This Machine Kills Bad Mood
„California Salzburg“ ein Titel so absurd wie logisch: Was, wenn Salzburg nicht nur Mozart, sondern auch ein bisschen Venice Beach wäre? Was, wenn Skateboards über den Marko-Feingold-Steg rattern und der Almkanal in Wirklichkeit ein Highway ist, auf dem man in den Sonnenuntergang cruist? Wakeboard unter dem Arm, Surfer-Soundtrack im Ohr?
Und Flirtmachine mittendrin, ein Bandprojekt, das so wirkt, als wäre es eine Reisegruppe mit Monatskarte, irgendwo zwischen Linz, Salzburg und Wien. Und nochmal mittendrin Robert Gerstendorfer, der seit einiger Zeit alles richtig zu machen scheint. „Flirtmachine Forever“ von 2022 war da schon fast prophetisch (die Radiofabrik berichtete). Und Flirtmachine ist jetzt eine richtige Band. Also so mit mehreren Leuten und vielen Ideen. Man hört kleine musikalische Weltreisen durch die Songs mäandern, Gitarrensoli, die John Frusciante zuwinken, Funklinien, die mal nur zwei Noten brauchen, um alles zu sagen. Das Album mixt Indie-Rock mit Funk, Dada-Pop mit Skate-Vibes – und klingt dabei völlig selbstverständlich. Echte Musik, mit Band jetzt, was bedeutet, dass man im Proberaum nicht nur die Klimaanlage einschalten kann, sondern auch gemeinsam in ein Mikrofon atmen darf, bis etwas herauskommt, das so klingt wie My Motorcycle oder Once Again, also nach dem Moment, wo man sich denkt: „Ich hab einen Sonnenbrand im Herzen, aber einen guten.“
My jeans are super big so you can see them from the distance

„California Salzburg“ knallt ziemlich rein, mit allen Drums und Dran. Aber da ist nicht nur Haudrauf, sondern auch immer mehr sehr kluge Reflexion, ohne den Fun zu verlieren. Vielleicht ist das dieses „Erwachsenwerden“, von dem alle reden. Vielleicht ist es auch einfach nur das Klimaticket, das den Alltag zwischen Salzburg und Wien und Linz und Obertrum prägt und ordnet und überhaupt ermöglicht. Ein bisschen so, als hätte jemand seine WG-Jams aufgenommen, auf Tape überspielt und von Fred Kevorkian mastern lassen. Hat man übrigens wirklich: Kevorkian (The White Stripes, Maroon 5, The National) war dabei, weil Robert und Arthur ihm auf halbem Armenisch eine Mail geschrieben haben. So läuft das, die Bässe funken jetzt, sagen sie. Funken wie das Gefühl, dass alles vielleicht doch irgendwie gut wird, wenn man lang genug in der Sonne sitzt.
Die Songs: zuerst treibend, dann gleitend, wie auf dem Rennrad durch den Park, vorbei an einem barfüßigen Philosophiestudenten, der ein Feldaufnahmegerät in ein McDonald’s Drive-In hält. Es geht auch um große Entscheidungen (Big Decision), um Sommer (Back in Summer), um Nähe trotz Entfernung (No Distance) und um das Exit-Schild, das immer näher kommt und am Ende einfach Exit heißt, weil man eh weiß, wohin es geht („The Merry Poppins will play later“). Und natürlich bleibt auch Raum fürs Träumen, für große Gefühle und kleine Fluchten: Fernbeziehungen, „My jeans are super big“, oder eben ein Jazz-Track #2. Zwischendurch ein paar deutschsprachige Lines, wie aus einer Jamsession mitgeschnitten. Fukah! klingt wie ein Lo-Fi-Tagtraum in einer Straßenbahn, mit Delay-Echos und Steve-Lacy-Gitarren, während die Türen piepen und der Zug sich weigert, pünktlich zu sein. Been in the train – ja, waren wir alle. Aber nicht mit dieser Bassline.
Beep bap on the Double frontshop baby
Man weiß eigentlich nicht genau, ob das alles ironisch gemeint ist oder einfach nur ein Unfall mit gutem Ausgang – wahrscheinlich beides. Dieser Mythos aus Palmen, Ganzjahres-Badeoutfit und musikalischer Lässigkeit, ist bei Flirtmachine eher ein vibrierendes Augenzwinkern. „California Salzburg“ ist keine Flucht, sondern ein sehr bewusstes Herumlungern. Die Stadt wird in Bikini und Sonnenbrille gesteckt. Salzburg, das Triest des Nordens! Wer das sagen kann und trotzdem so liebevoll über seine Heimatstadt musiziert, hat verstanden, wie Hassliebe funktioniert und wie man sie als Liebeserklärung vertont. Flirtmachine macht keine gute Laune, Flirtmachine erkennt die gute Laune.
Egal ob Kalifornien oder Fuschlsee, Hauptsache Italien
So ist das halt mit Salzburg und Kalifornien. Beides Orte, die es gibt, obwohl sie manchmal nicht so wirken. Und Flirtmachine? Ist vielleicht der Bus zwischen den beiden. Oder der Kurt Vile Salzburgs. Wakeboarden vielleicht noch üben. Der Rest sitzt!
„California Salzburg“ von Flirtmachine ist am 11. April 2025 bei Seayou Records erschienen.
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