Hörenswert: Future Islands – „As Long As You Are“
Intensiv bewegend. „As long as you are“ von Future Islands leidet, herzschmerzt und sehnsuchtet in schönstem Synthie-Pop-Indie-Rock, so dass die Intensität des Aufschreis in keiner Sekunde zu leiden hat. Eine klangliche und fast spirituelle Wegbeschreibung hin zu den Inseln der Zukunft.
Hörenswert. RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 30.10.20 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 5.11.20 ab 00:00 Uhr
2014 erschien Future Islands erstmals auf der viralen Bildfläche, von ihrem 4. Album „Singles“ reden die Leute ja heute noch. Gegründet wurde die Band bereits 2006 von Samuel T. Herring, William Cashion, Gerrit Welmers und Erick Murillo, ausschlaggebend war dann tatsächlich ein Auftritt bei David Letterman: „I’ll take all of that you got!“, entfuhr es dem begeisterten Showmaster. Und das hätte man auch jetzt noch gerne.
Keeps on running, keeps rising.
Future Islands nunmehr 6. Album „As Long As You Are“ hat seit dem Aufsteigen in die Indie-Zenit-Sphären nichts an Naivität, unerschütterliche Ehrlichkeit und Hoffnung verloren und führt durch Gefühlswelten, zwischen Weltschmerz, Liebe als körpereigene Therapie, toxische Beziehungen und Selbstzweifeln. „Who am I? Do I deserve the sea again? After all I’ve done / And finding love in the end“. Future Islands geben quasi holistisch und sogleich die Antwort darauf. Diese Songs umschließen, wie dunkle, weiche Umarmungen fangen sie auf und erlauben, darin zu versinken, wenn alles furchtbar und sonst niemand in der Nähe ist. „Now nobody wanna fill me up, I’ve fallen down, none of my friends around“.
Das ist ein bisschen so, wie nachts im Taxi weinen. Und der verständnisvolle Taxifahrer schweigt und bringt dich einfach durch die Nacht.
Mit fast verstörender Hingabe und sich immer an der Grenze zur Cheesiness bewegendem Synthie-Pop – und dennoch kitschbefreit – wandert Herring durch seine Texte. Hier wird ehrlich gelitten und glück-seeligt, nichts wirkt affektiert oder fake. So dürfen ruhig die großen Klangteppiche ausgerollt werden, zu dramatischen Gesten charmant kratzig falsettiert und mit hooky Basslines im Disco-Beat geschunkelt werden. Die Future Islands sind einfach pathosresitent und dabei dringend, direkt, treibend und erhebend.
Disco Disco, Post-Wave-Melancholie und hypnotisierende Lyrics haben in Kombination den Ruf entweder komplett in Pessimismus zu versinken oder hartnäckig optimistisch zu sein. Bei „As Long As You Are“ herrscht Aufbruchsstimmung nicht ganz ohne Zweifel, aber immer mit erhabenem Mut für die Chance auf Glück. Ist es naiv, deshalb gleich an die Erlösung zu glauben? Eigentlich egal, denn solange man während „As Long As You Are“ auch nur einen Moment der Angst, des Ärgers oder Trauer vergisst, war es den Aufwand schon wert.
„I’m flying free, and I’m not crying.“
„As Long As You Are“ von Future Islands ist am 9. Oktober 2020 bei 4AD erschienen.
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