Hörenswert: Kent – „Jag Är Inte Rädd För Mörkret“
„Jag är inte rädd för mörkret“ ist das 10. Album der Ausnahme-Schweden Kent. In ihrer Heimat füllen sie Stadien, hierzulande wäre ein Konzert in einer lauschigen Bar wahrscheinlicher.
Was irgendwie verwundet, stürzt man sich in letzter Zeit doch mit Freuden auf Musik aus dem hohen Norden. Das muss gefördert werden, in Schweden ist „Jag är inte rädd för mörkret“ immerhin das neunte Nummer-1-Album von Kent. Und das macht neugierig, was die Schweden denn so hören.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 20.09.13 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 26.09.13 ab 00:00 Uhr.
Kent sind bekannt für außergewöhnliche und klingende Album- und Songtitel und für äußerst feingeistige Lyrics. „Jag är inte rädd för mörkret“ ist auch so ein Titel – zu deutsch: Ich habe keine Angst vor der Dunkelheit – und verleiht dem Album gleich im Vorhinein einen epischen, fast heldenhaften Schein. Und auch der Opener „999“ ist genau der Song dafür, beruhigend und doch klingt es nach Aufbruch; Chöre, die markante Stimme von Joakim Berg und große Trommeln treten mutig dem Dunklen entgegen, nehmen den Zuhörer sachte an der Hand und führt einen sicher wieder ans Licht.
Und wenn man das sprichwörtliche Licht am Ende des Tunnels vertonen würde, wäre „999“ der perfekte Soundtrack. Das liegt nicht zuletzt am Songwriting: Kent machen schöne Musik mit schön erzählten Geschichten. Ob es das unglaubliche rhetorische Talent von Sänger Berg ist, oder ob Schwedisch einfach die Sprache dafür ist, lässt sich nicht ganz feststellen, aber Sätze wie ‚Hur långt man än har kommit / är det alltid längre kvar / Det fanns ett ljus som aldrig släcks / i sångerna från min uppväxt / I hela mitt liv har jag litat på min tur / men det här kan jag aldrig slingra mig ur ..’ (zu deutsch: Wie weit man auch gekommen ist, es ist immer zu lange her / Es gibt ein Licht, das niemals ausging, in den Liedern aus meiner Jugend / Mein ganzes Leben habe ich mein Glück gesucht, aber das alles hier bringt mich jetzt nicht weiter) lassen einen schon mehr und lieber zuhören, als manchen Popsongs der Gegenwart. Kent machen auch Pop, so ists ja nicht. Aber der klingt mehr nach Musik, die man gerne bei der Erfindung des Stadion-Flutlichtes gehört hätte.
Aber zurück zur Musik. „Jag är inte rädd för mörkret“ setzt viele Traditionen von Kent fort und verzichtet auch auf bereits Gewohntes. Aber die Musik greift trotzdem noch hinein in die Seele. Und die Details findet man hier in den Lyrics: Von ägyptischen Göttern, The Smiths, Michael Bolton, Kommunismus und Drogen ist alles dabei – es geht um Dunkel-Sein oder nicht Sein, um Angst vor allem oder etwas, oder davor, auf alles vorbereitet zu sein. So banal das auch klingen mag, Kent traut man es zu, diese großen pathetischen Brocken in kleine feine Songs zu zerteilen und aus jedem ein Stück Leben zu machen – und sie sagen selbst, sie wollten eine Platte frei von Selbstmitleid machen – ein fast revolutionäres Konzept nach Alben wie zB. „Vapen & ammunition“ (dt. Waffen & Munition, 2002) oder „Du och jag, döden“ (dt. Du und ich, der Tod, 2005).
Auf die Gefahr hin dass durch die relaxing, catchy, soothing Songs „Jag är inte rädd för mörkret“ zu gefällig ist oder zu glatt klingen mag, ist es für Kent doch schlicht unmöglich, kein ausgezeichnetes Album zu machen. Weg sind die Techno-Beats, zurück sind die melodiösen Gitarren und treibenden Drums – und somit das was manche vielleicht die ‚alten Kent’ nennen würden. Oder einfach nur gute Musik.
„Jag Är Inte Rädd För Mörket“ von Kent ist am 25. April 2013 bei Sonet Records / Universal Music erschienen.
Lass' uns einen Kommentar da