Hörenswert: Kovacs – „Child of Sin“
Sharon Wilhelmina Gerarda Kovacs ist im Geiste und in der Stimme das musikgewordene Kind von Amy Winehouse, Grace Jones, Macy Gray und Deborah Dyer aka Skin: soulig und jazzig, fragil und gewaltig.
Und „Child of Sin“ ist ihr neues Leitbild. Mitten drin: Till Lindemann von Rammstein. Arrangements wie aus einem Traum von Tim Burton, erzählt von den Masken der Vergangenheit, die gleichzeitig fallen.
Hörenswert, das Radiofabrik-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 17.3.2023 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 30.3.2023 ab 00:00 Uhr
Roh und ehrlich war Kovacs schon immer. Nach genügend Zeit für Selbstbeobachtung, Songwriting und Komposition, dem Überwinden der täglichen Problemen und dem Sein des eigenen Ichs versteckt sie weder ihre Kämpfe noch ihr Selbst. Ein Befreiungsschlag, der nicht nur das künstlerische Ich befreit sondern die Erhebung des Gefühls auch bei den Zuhörer*innen bewirkt.
Kovacs studierte am Rock City Institute in Eindhoven, ihre erste EP „My Love“ nahm sie 2014 in Havanna auf und wurde vom Sender NPO 3FM zum „3FM Serious Talent“ gekürt. In allen Auszeichnungen mit dem Wort serious kann man davon ausgehen, dass es ernst ist: Ihr zweites Album „Vergeten liedjes voor vergeten kinderen“ vereint die Mitwirkung von achtzehn Künstler*innen, alle Einnahmen gingen sie an das Rote Kreuz. Es folgten unter anderem sechzig Millionen YouTube-Views, ein Modelvertrag mit Viva Paris, Auftritte bei den großen Festivals und ein Auftritt im Vorprogramm von Robbie Williams sowie der EBBA-Award.
Not Scared Of Giants
„Child of Sin“ ist nun musikalisch groß, Pop-Jazz mit cineastische Arrangements – ein Album wie der Soundtrack inklusive Bühnen-, Stage- und Kostümdesign aus der Dunkelkammer. Eine Sammlung von fesselnden Songs, die für die Künstlerin und die Zuhörer noch eine Menge Vielfalt entdecken lassen. Die Songs auf „Child of Sin“ sind, neben der fast greifbaren visuellen Intensität, auch geprägt von extremer Vielfalt der Anforderungen an Kovacs‘ Stimme – hier ist es ernst. Aufgenommen wurde das Album mit dem Ingenieur, Musiker und Programmierer Jonathan Quarmby, zum Teil in den legendären RAK Studios in St John’s Wood, London und im Studio des türkischen Superstars Fuat Güner fertiggestellt. In einigen Songs ist der Sound eines Ensembles von Roma und Sinti verwebt.
Beim skipping throught the album werden die Kontraste deutlich: „Fragile“ eröffnet die Platte mit sachtem Piano und einer dunklen Bühne, auf der das einzelne Spotlight wie im alten Hollywood auf Kovacs scheint und man nicht weiß, ob man nun traurig oder euphorisch sein sollte, in „Mama“ beschwört sie dann mit unheilvollem Mmhmmh-Chor im Hintergrund ‚I’m fine‘. Bei Goldmine“ läuft schon der nächste Jane Bond Film im Kopfkino. Im titelgebenden Duett mit Till Lindemann erleuchtet das dramatische Highlight die Gänsehaut in Rammstein-Manier, spooky und verstörend und episch schön. Die Gänsehaut bleibt auch bei „Not scared of Giants“, allerdings bei den Giants, die Kovacs im dunklen Wald lieber nicht begegnen möchten. „Bang Bang“ mit Tango’esk mit Kastagnetten wurde in Portugal geschrieben.
„Meine Songs gehen in zwei extreme Richtungen: Entweder sie behandeln
sehr ernste Themen oder sie werden wie ein Scherz behandelt. ‚Bang Bang‘ ist ziemlich brutal, aber der Text
hat einen Hauch von Humor. Das ist ein lustiger Kontrast.“
Kovacs ist unsichtbare Anziehungskraft, ist Story-Telling aus dem Underground. Dark-Pop-Jazz, der tiefer gräbt als einem oft lieb ist.
„Child of Sin“ von Kovacs ist am Freitag, den 13. Januar 2023 bei Wolf Recordings erschienen.
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