Hörenswert: Marshall Allen presents Sun Ra And His Arkestra – In The Orbit Of Ra
Am 22. Mai 2014 wäre der legendäre Jazzmusiker Sun Ra 100 Jahre alt geworden. Zu diesem Anlass veröffentlichte Strut Records eine Kompilation, die kein geringerer als der langjährige Wegbegleiter von Sun Ra und jetziger Bandleader Marshall Allen zusammengestellt hat. Auch für Kenner von Sun Ra gibt es hier einiges bisher unveröffentlichtes Material zu entdecken. Für Beginner ist es ein fantastischer Einstieg in die kosmischen Mythen und Klangwelten dieses Ausnahmekünstlers.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 06.05.16 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 12.05.16 ab 00:00 Uhr.
Von manchen Experten als Scharlatan bezeichnet. Von der Avantgarde hoch verehrt. Seine Musik polarisiert. Sun Ra entwickelte eine hoch komplexe und fantastisch anmutende Tonkunst, die völlig neuartig und futuristisch klang: Die Musik der kosmischen Kräfte und deren Geheimnisse. Mit einer ganz eigenen Idee von Tonsprache schulte der wie besessen arbeitende Sun Ra seine Musiker, die er am liebsten immer um sich hatte, und setzte selbst diverse Synthesizer ein, die zum Teil völlig neuartige Klänge erzeugen konnten. Es gab für Sun Ra nur ein ordnendes musikalisches Prinzip. Das der kosmischen Klänge und Geräusche. Mit wunderbaren Musikern gespielt ertönen Geräuschwolken Bläsergewitter und sphärische Sounds mit teilweise völlig freiem Impetus, aus denen sich fantastisch eingängige Themen und extrem groovige Teile herausschälen. Der Kosmos scheint ein wilder Ort zu sein. Traditionalisten konnten sich mit diesem freie Ansatz, der neuen Tonsprache und dann auch noch dem Synthesizer natürlich nicht recht anfreunden und wollten dies nicht als ‚echten Jazz‘ ansehen.
Marshall Allen hat hier allerdings Aufnahmen aus den Tiefen des Art Yard Archivs gezogen, die für Sun Ra-Verhältnisse allesamt sehr leicht zu hören sind. Hier gibt es keine langen freien Eskapaden. Vielmehr sind viele Songs und groovige Nummern auf dieser 2 CDs umfassenden Kompilation, die von Marshall Allen natürlich fantastisch zusammengestellt wurde und einen sofort in ihren außerirdischen Bann zieht. Denn Nummern wie „Plutonian Nights“, „Have You Heard the Latest News From Neptune” oder “Dance of the Cosmo-Aliens” eröffnen eher Assoziationen zu einem futuristischen Tanzclub oder einem abgedrehten Science Fiction. Schon lange vor der Mothership Connection erzählte uns Sun Ra von den Planeten und erschuf Gesamtkunstwerke, die Tanz, Malerei Poesie und Musik nach kosmischen Prinzipien miteinander verband. Die Sehnsucht nach fernen Planeten, von der diese Musik erzählt, macht aber auch deutlich, wie fremd sich Sun Ra auf unserem Planeten gefühlt haben und für wie wenig lebenswert er diesen gehalten haben muss.
“Sun Ra said he came from Saturn, because white America treated him like an alien, like a creature from outer space, so he became one, an anarcho-emperor of the fantastic, who made it to the moon before America or Russia, because the moon was nowhere near as far out as he could really go.“ – Paul Morley
So unendlich der Kosmos, so unendlich scheint das Oeuvre dieses großartigen Künstlers, der in den letzten Jahren (auch dank solcher DJs wie Gilles Peterson) von so manchem (wieder)entdeckt wurde. Diese Zusammenstellung trägt sicher zur Bekanntheit von Sun Ra bei, gewährt einen einzigartigen Einblick in das Schaffen dieses Musikers und gehört in den Plattenschrank jedes Jazzfans. Vielleicht werden sich auch ein paar Besucher mehr einfinden, wenn das Arkestra das nächste Mal im JazzIt gastiert.
Then another tomorrow
They never told me of
Came with the abruptness of a fiery dawn
And spoke of Cosmic Equations:
The equations of sight-similarity
The equations of sound-similarity
Subtle Living Equations
Clear only to those
Who wish to be attuned
To the vibrations of the Outer Cosmic Worlds.
Subtle living equations
of the outer-realms
Dear only to those
Who fervently wish the greater life
Das Album ist am 23.9.2014 auf Strut erschienen.
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