Hörenswert: Nduduzo Makhathini – “In The Spirit Of Ntu”
Wenn Blue Note ein neues Sublabel ins Leben ruft, das sich dem afrikanischen Kontinent widmet, ist dies allemal ein Grund, hinzuhören. Den Anfang macht der arrivierte südafrikanische Jazzpianist Nduduzo Makhathini, der in diesem Rahmen mit “In The Spirit Of Ntu” sein mittlerweile 10. Studioalbum vorlegt. Wir hören ein ausdrucksstarkes, klassisches Jazzalbum mit recht westlich anmutendem Charakter.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 17.06.22 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 23.06.22 ab 00:00 Uhr.
Dass sich Blue Note Records mit seinem Sublabel Blue Note Africa ausschließlich dem Jazz des afrikanischen Kontinents widmet, ist vielleicht auch Tony Allen zu verdanken. Lieferte der nigerianische Meisterschlagzeuger mit “A Tribute to Art Blakey”, “The Source” und “There is no End” bei Blue Note doch ein grandioses Spätwerk ab, und hauchte dem altehrwürdigen Label so etwas afrikanischen Spirit ein. Was die Deutsche Grammophon in der Klassik, ist im Jazz wohl unumstritten Blue Note. Was hier veröffentlicht wird, muss Ansprüchen von Jazz-Liebhabern auf der ganzen Welt genügen. Ganz der Tradition verpflichtet, wird hier Jazz als Klassik des 20. Jahrhunderts verstanden.
sphärisch-hymnische Klangwolken…
Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass uns mit “In The Spirit Of Ntu” ein Album recht klassischer Machart erwartet. Mit Saxophonistin Linda Sikhakhane, Trompeter Robin Fassie Kock, Vibraphonist Dylan Tabisher, Bassist Stephen de Souza, Perkussionist Gontse Makhene und Schlagzeuger Dane Paris, sowie den Gastsängerinnen Omagugu Makhathini und Anna Widauer und dem amerikanischen Saxophonisten Jaleel Shaw hat Makhathini eine Allstar-Band zusammengestellt. Die geografische Verortung wäre ohne die originär afrikanischen Vocals nicht so ohne weiteres hörbar. Das spiegelt sich auch in der oben angeführten Orchestrierung wider, die komplett ohne afrikanische Klangerzeuger auskommt. Allerdings wird auf “In The Spirit Of Ntu” über weite Strecken die Percussion als Rhythmusgeber favorisiert und nur selten ist das klassische Drumset zu hören, das ohnehin sehr perkussiv eingesetzt wird. Durch diese Reduktion kreiert Makhathini sphärisch-hymnische Klangwolken, in denen der afrikanische Spirit zelebriert wird. Eingeleitet wird das Album in dieser Spielart: ein rasanter Triolen-Groove, repetitives Klavierspiel und Bläser, die sich tragend in den wabernden Klangteppich einweben. Vom Klangbild erinnert das sehr an die seit einigen Jahren pulsierende Londoner Jazzszene rund um Theon Cross. Gestaltendes Prinzip bleibt die spärliche Orchestrierung auf Basis der klassischen Jazz-Instrumentierung. Wenn sich der Klangcharakter des Albums über die 10 Nummern verändert, dann zu einem großen Teil durch den Gesang. Die österreichische Sängerin Anna Widauer zum Beispiel leistet ihren Beitrag mit klassisch anmutender Singer-Songwriter-Attitüde, die untermalt wird von afrikanisch anmutenden Background Vocals.
ein wunderschön-hymnisches, klassisch klingendes Jazzalbum…
Mit “In The Spirit Of Ntu” legt Nduduzo Makhathini ein wunderschön-hymnisches, aber klassisch klingendes Jazzalbum vor, das sich durch überkulturelle Kompatibilität auszeichnet und so seine Freunde unter den Jazzfans auf der ganzen Welt finden wird. Zudem gibt das Album einen spannenden Einblick in die junge südafrikanische Jazzszene. Dennoch ist es schade, dass “In The Spirit Of Ntu” längst nicht so afrikanisch klingt wie das Meisterwerk “African Marketplace” (1979) von Makhathinis großem musikalischen Vorbild Abdullah Ibrahim. ‘Von Kapstadt bis Kairo’ lautet das Motto von Blue Note Africa: Musikalische Wagnisse wird es wohl nicht geben, dennoch erwarten wir mit Spannung die nächste Veröffentlichung!
“In The Spirit Of Ntu” ist am 27.Mai 2022 auf Blue Note erschienen.
Lass' uns einen Kommentar da