Hörenswert: Sowal Diabi (From Kaboul to Bamako)
Dieses Ensemble wandert entlang einer imaginären Straße zwischen Mali und Afghanistan und verbindet so ganz spielerisch unterschiedlichste Musikkulturen. Trotz aller Unterschiede ist dabei ein hochspannender musikalischer Dialog entstanden, der auch die ganz eigene Geschichte der Diaspora thematisiert.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 11.02.22 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 17.02.22 ab 00:00 Uhr.
Zuallererst stellt sich hier wohl die Frage: Wie soll das denn zusammen passen? Denn zwischen Kabul und Bamako liegen nicht nur knapp 10.000 Kilometer, sondern auch vielleicht ebenso viele musikalische Konzepte, Sprachen und Kulturen. Diese irgendwie zusammen zu bringen scheint ein schier unmögliches Vorhaben zu sein. Und was um alles in der Welt veranlasst die Musiker, solch ein Wagnis einzugehen?
Treffenderweise bedeutet ‘Sowal’ auf persisch Frage und ‘Diabi’ Antwort auf Bambara. Und trotz aller Unterschiedlichkeit haben alle elf Musiker eines gemeinsam: Sie alle erfuhren, was es bedeutet im Exil zu leben; physisch oder auch kulturell. Es ist somit eine Art Schicksalsgemeinschaft, die hier ihre Stimme erhebt, auch mit der Absicht, auf die Notlage der Flüchtlinge rund um die Welt aufmerksam zu machen. Schön und gut. Aber so nähern wir uns wieder der erstens gestellten Frage:
Zusammen gekommen sind hier die malische Sängerin Mamani Keita, die iranische Sängerin und Geigerin Aïda Nosrat, der iranische Tar-Spieler Sogol Mirzaei, der türkische Sänger kurdischer Herkunft, Ruşan Filiztek, der Sänger und afghanische Tabla-Spieler Siar Hashimi und die französischen Musiker der Gruppe Arat Kilo: Fabien Girard (E-Gitarre), Michaël Havard (Saxophone),
Aristide Goncalves (Keyboard, Trompete), Gérald Bonnegrace (Percussions), Samuel Hirsch (E-Bass) und Florent Berteau (Schlagzeug). Die knappe Stunde Spielzeit von “Sowal Diabi” setzt sich aus 14 Songs zusammen, die man weiß Gott nicht als heterogen bezeichnen kann. Es ist eher ein wüster Klangteppich, der von Instrumenten erzeugt wird, die bisher höchst selten zusammen geklungen haben. Umso erstaunlicher ist es, dass es das Ensemble geschafft hat so etwas wie einen roten Faden zu spannen, der dem Album eine Richtung zu geben scheint und zu etwas recht Schlüssigen führt.
Musikethnologischer Albtraum
Nicht alles ist (ob des Synkretismus) sofort zugänglich. Aber es sind die traumhaften Melodien, die fantastischen Musiker und Kompositionen, die das Album zu einem hochspannenden Erlebnis machen: das schwer dubbige “Layli Jan”, die groovig-treibende Ethio-Jazz Nummer “Snow in Addis”, das sphärisch-orientalische “Zolf Porayshan” oder das energiegeladene “Kera Kera” sind die Perlen dieses kulturübergreifenden Projekts.
“Sowal Diabi” ist zwar der Albtraum jedes Musikethnologen, aber alles andere als ein Multikulti-Klingeling-Album. Vielmehr wird hier die Fremdartigkeit und die Menschlichkeit in mitreißendem Wohlklang gefeiert.
„Sowal Diabi“ ist am 4. Februar 2022 auf Accords Croisés erschienen.
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