Hörenswert: Tim Maia – „The Existential Soul of Tim Maia“
Dieses Best-Of-Album dokumentiert auf grandiose Weise, den wunderbaren Synkretismus eines Brasilianers, der mit gerade mal 17 Jahren sein Heimatland verließ und in den USA eine Karriere als Sänger begann. Es ist dem Label Luaka Bop mit Mastermind David Byrne zu verdanken, das Maias Pionierleistung im Bereich der brasilianischen Soulmusik mit diesen 15 sehr sorgfältig ausgesuchten Songs nun vielleicht endlich die angemessene Aufmerksamkeit erhält, die sie verdient hat.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 23.11.12 ab 14:08 Uhr, Wh am Donnerstag, 29.11.12 ab 00:00 Uhr.
Denn völlig konsequent und rücksichtslos fügte der junge Tim Maia mit US-amerikanischem Soul und brasilianischer Musiktradition zwei recht schwer zu verbindende Stile zusammen. Das Ergebnis dieser gewagten Fusion sind geografisch recht frei umher schwebende Lieder, die sich mit einer atemberaubenden Selbstverständlichkeit und Gelassenheit ihren eigenen musikalischen Kosmos geschaffen haben, Jedenfalls bewegt sich Tim, mit vollem Namen ‚Sebastião Rodrigues‘ Maia musikalisch fernab aller gängigen Zuckerhut-Klischees.
Auch wenn in Maias gesamten Oevre, das über 30 Alben (!) umfasst, brasilianische Traditionals eine nicht unwichtige Rolle spielten, sind es doch die souligeren Songs, die ihm in den späten Sechziger Jahren den großen Durchbruch verschafften. Dennoch blieb Maia musikalisch immer unberechenbar: Ein Grund dafür, warum das Verhältnis zu seinen Plattenfirmen sicher nicht immer das beste war. 1970 gründete Maia daraufhin kurzerhand sein eigenes Label, auf dem er in späteren Jahren auch immer wieder traditionelle brasilianische Musik veröffentlichte.
Schnell wird klar, dass diese Selektion den Fokus auf Maias soulige, extrem funkige und immer unterhaltsam bleibende Seite gerichtet hat. Dabei zieht einen Maias vielleicht nicht ganz saubere, dafür aber ungemein ausdrucksstarke Stimme sofort in seinen Bann. Zudem ist sein Gitarrenspiel einfach nur als exzellent zu bezeichnen, wovon man sich in diversen, recht expressionistisch-psychedelischen Soli des öfteren überzeugen kann. Kein Wunder: war er doch in jungen Jahren Schüler des großen Jorge Ben Jor, mit dem er in ständiger geistig-musikalischer Verbindung blieb.
Auf diesen beiden Säulen baut Maia seine Stücke auf, die raffiniert, aber nie kopflastig und ungemein eingängig dahin grooven und aufgrund dieser Eigenschaft etwas an die guten Nummern von Shuggie Otis erinnern. Und doch scheint zwischen diesem Mix aus psychedelischem Soul und Funk der der brasilianische Background immer durch, wenn auch nicht immer so präsent wie etwa in der wunderschönen Ballade „Bom Senso“ mit ihrem latenten Bossa-Groove.
Vielleicht wird die vorliegende Huldigung Tim Maias etwas an seinem Staus, der bestenfalls Geheimtipp-Charakter besitzt, ändern. Für ihn allerdings zu spät: Tim Maia, der immer wieder unter seinen massiven gesundheitliche Probleme litt und zudem auch Drogen generell nicht abgeneigt war, verstarb im Alter von nur 55 Jahren in Niterói. Mit ihm hat die brasilianische Musikszene sicherlich eine ihrer größten Persönlichkeiten verloren, wir aber haben mit dieser Selektion einen fantastischen Überblick über Tim Maias Schaffen gewonnen.
Das Album ist am 19.10.2012 bei Luaka Bop erschienen.
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