Hörenswert: Yussef Kamaal – „Black Focus“
Die Musik dieser Formation ist schlicht abenteuerlich. Denn gleich alle gemeinsam machen sich hier improvisatorisch auf den Weg und ereichen dabei nicht selten etwas, das an Herbie Hancocks Headhunters erinnert. Nur gehen Yussef Kamaal mit wesentlich mehr Energie und Experimentierfreudigkeit ans Werk. Trotz der ausgesprochen lässigen und funkigen Gangart ist das Wagnis jederzeit präsent. Und gerade das macht „Black Focus“ zu einem lebendig-pulsierenden Kunstwerk.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 23.12.16 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 29.12.16 ab 00:00 Uhr.
„Jazz is not dead, it just smells funny“.
Diese Diagnose über den Gesundheitszustand des Jazz stellte kein geringerer als Frank Zappa. Und das schon 1974. Doch reanimiert vom Hip-Hop und der Elektronik präsentiert sich dieses Genre, das sich stets dem ‚Hier und Jetzt‘ verschrieben hat, lebendiger als je zuvor.
Das im November erschienene Album „Black Focus“ von dem Duo Yussef Kamaal, dass der grandiose Schlagzeuger Yussef Dayes mit Keyboarder Kamaal Williams (aka Henry Wu) bilden, unterstreicht letzteres eindrucksvoll. Aber sie tun das nicht mit einem Retro-Sound und Klingeling-Gedudel, dass reichen Menschen das gediegene Ambiente liefert um entspannt Prosecco zu trinken. Denn trotz aller Lässigkeit und der extrem chilligen Grooves bleibt der Grundcharakter ein kraftvoller, widerspenstiger und vor allem ein energiegeladener.
Ist man teilweise an den Sound der 70er Jazz-Funk Jahre mit Billy Cobham oder den Headhunters erinnert, so ist hier doch einiges hinzugekommen, was die Musik sehr modern und urban klingen lässt: Mit der Londoner Musikkultur als Basis in dem das Duo verwurzelt ist, geht es phasenweise von BreakBeats in treibende elektrogrooves über. Was dabei Yussef Dayes am Schlagzeug spielt, ist nicht nur technisch beeindruckend, sondern vor allem in Bezug auf die Haltung bewundernswert. Leidenschaft, Energie und Spontaneität stehen hier eindeutig im Vordergrund. Das ist nicht gewöhnlich und dadurch äußerst erfrischend. Fast ist man dazu geneigt, Vergleiche zum großen Idris Muhammed zu ziehen.
Wahrscheinlich ist es nicht leicht diese Musik auf einem Studioalbum festzuhalten. Das ist der Formation aber wirklich gut gelungen. Natürlich erhält man von einigen Live-Mitschnitten einen ganz anderen Eindruck. Denn Live klingt die Musik dann doch um einiges experimenteller und verwegener. Richtigerweise schält sich der Opener des Albums aus einer Klangwolke aus der ein ganz relaxter JazzFunk-Groove herauskommt. Doch bereits im ersten Drittel des Albums beweisen Yussef Kamaal ihre improvisatorische Idee, den Solisten – mal feingliedrig mal energetisch – zu unterstützen, zu befeuern und zu interagieren: Birgt das Live vielleicht die Gefahr zu scheitern, kann im Studio natürlich mit Netz und doppeltem Boden gearbeitet werden. Und doch steht hier die spielerische Freiheit im Vordergrund. Und das ist es auch, was „Black Focus“ so bemerkenswert macht.
“It’s not so much about complete arrangement, it’s more about flow. A lot of the tracks are just made spontaneously—Henry will be playing two chords, I’ll fill in the groove and we’ll just leave the arrangement naturally.” (Yussef Dayes)
Das Album ist am 11. November auf Brownswood erschienen.
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