Hörsturz #2: Video killed the radio Star
Wie FS1 das Fernsehen in Salzburg retten wird (von Alf Altendorf)
Lesen Sie auch unaufhörlich von der Krise des Fernsehens? Ich tu es. Lesen Sie dauernd vom Kollaps des Radios? Ich tu es nicht. Die Krise des TV ist eine hausgemachte. Kein anderes Medium stand so für Paternalismus wie Fernsehen: Oben in der Anstalt sendete die Macht, es war urteuer, urkompliziert und dem Proporz ausgeliefert. Die Macht redete von Unabhängigkeit, meinte aber Unabhängigkeit von öffentlicher Kontrolle. Was die Masse der Manipulierten dennoch band, war das Wir-Erlebnis: „Hast Du gestern gesehen?“. Ja, hatte man. Gab ja sonst nix.
Die wachsende Vielfalt ab Mitte der 1990er im TV – durch die Sprengung der Monopole und die Demokratisierung der Technologie über billiges Videoequipment – kam für die Flimmerkiste zu spät: Das Netz, anfangs von den mächtigen Medienmachenden als Spielerei von und für Minderheiten belächelt, war nur kurz eine Welt der Meinungen und der Texte – und schnell eines der Bilder: Bilder, die niemand mochte und alle saugten – Pornografie. Und spätestens seit YouTube sendet die Masse ihre eigenen bewegten Bilder.
TV verkommt zum Unterschicht-Phänomen. Das untere Drittel des Digital-Divides ist zu ungebildet zum aktiven Rezipieren über Internet. Kein TV zu besitzen, gilt bei Gebildeten hingegen heute als cool.
Sein Radio entsorgt niemand. Es ist billig, einfach, funktioniert. Radio stand auch nie so im Focus der Macht. OK, bei Goebbels vielleicht. Der moderne Volksempfänger war seit den 1960ern der Fernsehapparat. Wer einwendet, dass ja „Ö3 das Äquivalent zum sozial- demokratischen Umbau Österreichs in den Seventies“ gewesen sei, also revolutionär, muss sich genauso fragen: Warum fällt ähnliches im ORF-TV nie vor? ORF123 ist altbacken wie immer. Und die zuletzt mit Getöse eingeführte Online-Videothek keine Antwort auf den Relevanzverlust. Vielleicht besser so. Wer will noch ein sublimes Verlautbarungsmedium, in dem politische Parteien herumrühren? Spielplatz für den Schauferlkampf von Laura Rudas plus Entourage? Nein, ich nicht.
Für mich gerettet hat das Medium Radio der Aufstieg der Freien Radios. Empfänger sollen zu Sendern werden? Kein Problem, ist Kernkonzept. Internet? Welcome, die Radiofabrik ist genauso Internet-Station und wird laufend online ausgebaut. Relevanzverlust? Aber geh´! Oder glauben Sie allen Ernstes, dass Sie Ausbildung und physische Gemeinschaft mittels E-Learning und digitalem Lagerfeuer beheizen können? Diese Qualitäten sind Off-Line Qualities, und in welche Kanäle diese wirken – analog, digital, neuronal oder in das „Quanten-Radio anno 2050“ – ist nicht unser Problem. Wir werden dort sein.
Anfang 2012 wird mit FS1 das „Erste Freie Fernsehen Salzburgs“ starten. Das dritte Community TV Österreichs, führend initiiert von der Radiofabrik. Und – seien sie gespannt! – wir werden uns einiges einfallen lassen, wie sich Radio und TV ergänzen, pushen, forcen. Und nebenbei wird FS1 das Fernsehen in Salzburg retten. Denn FS1 ist ihr Fernsehen. Von Ihnen. Mit Ihnen. Durch Sie. Und Sie werden sich dafür wieder ein Gerät kaufen.
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