Hörsturz #9: Information und Politik – Autonome Politik im Radio machen
Es geht voran¹. Von Susi Huber
Als die Mainzerstrasse² im November 1990 geräumt wurde war ich noch ein Kind. Warum fasziniert mich dieses Lied zehn Jahre später? Warum kann ich mich zehn Jahre später mit dem Damaligen identifizieren? Bin ich vielleicht einfach von Gestern?
Als ich gebeten wurde einen Artikel für den Hörsturz zu schreiben, wurde mir gesagt, dass es selten geworden ist, dass Menschen politisch denken, politisch handeln, etwas erreichen wollen, für die Allgemeinheit, für eine Community. Ich werde darüber schreiben, warum Menschen für eine Sache brennen! Warum ich brenne.
20
Als ich 20 war, kam der Anarchismus in mein Leben, es löste so ein starkes Interesse in mir aus, dass ich alles verschlang, was mir in die Hände fiel, ich wollte alles genau wissen, wollte mich mit Menschen darüber austauschen und organisierte diverse Veranstaltungen in Salzburg zu dem Thema. Ich schlug mir Nächte mit Diskussionen um die Ohren und sog alle Informationen, an die ich kommen konnte, in mich auf. Ein wichtiger Aspekt dabei war, dass ich mich mit Gleichgesinnten umgeben wollte und schon bald fand ich mich in einer Blase wieder. Alle meine Freund_innen sind Menschen, die sich ebenfalls engagieren wollen.
Wie komme ich dazu, den Leser_innen vom Hörsturz meine Anliegen zu erzählen? Als ich 2009 mit dem Radio in Berührung kam, war ich sofort Feuer und Flamme für dieses Medium. Ich hatte seit einiger Zeit keinen Fernseher mehr, begann immer mehr Audio-Content zu konsumieren und bekam über die Radiofabrik die Chance selber Radio zu senden.
Radio
Die Inhalte waren zwar offen, aber für mich war immer klar, dass es um Politik gehen wird. Begonnnen habe ich mit einer feministischen Sendung für Sister Resist Radio³, gemeinsam mit 2 Freundinnen. Da ich auf meinem Rechner das Betriebssystem Debian/Linux hatte, konnte ich die kommerzielle Schnittsoftware nicht benutzen und brachte mir selbst Audacity bei.
Ich kaufte von meinem ersten Lohn einen Tascam, fortan mein treuer Begleiter, ich nahm alles Mögliche auf und schnitt Jingles und diverse Sendungen. Schnell merkte ich, dass ich inhaltlich auch über Anarchismus reden wollte, nach 8 Sendungen auf der Radiofabrik⁴ entwickelten wir einen Podcast: Termitinitus – des pfeift⁵. Es wurde nötig sich von einer vorgegeben Sendedauer zu befreien und das Senden selbst in die Hand zu nehmen.
Mein Podcastkollege und ich waren ab sofort nur mehr im Internet zu hören. Mit eigenem Server und Homepage gestalteten wir alles selbst. Hier sind wir frei, neue Formate auszuprobieren und neben Interviews, die wir beide führten, bald zur Ausstrahlungsplattform für Vorträge zu werden. Unsere Sendungen ändern sich, entweder es gibt nur Musik (Konzertmitschnitte) oder nur gesprochenes Wort (Vorträge und Interviews). Im Radio könnte man das so nicht machen, denn die Hörer_innen würden abschalten. Wir können es machen und werden, wenn auch nur von einer schmalen Zielgruppe, gehört.
Eine weitere Änderung betrifft urheberrechtlich geschütztes Material (vor allem Musik). Wir strahlen nur aus, was wir selbst produziert haben und Creative Commons Musik⁶.
Ein weiterer Interessensbereich kam mit dem Chaostreff Salzburg in mein Leben. Ich wurde Teil des Chaos und wir starteten eine eigene Sendung: Lets Netz⁷. In der Sendung geht es darum den Hörer_innen freie Software und Hardware näher zu bringen und klar zu machen, dass das Internet frei sein muss. Mittlerweile sind wir hier ebenfalls auf den Geschmack gekommen und senden via Internet unsere Ansichten in den Äther, mit dem Podcast: 1 Mal mit Pofis arbeiten⁸.
Bin ich die Quoten-Autonome?
Vielleicht wurde ich als Quoten-Autonome ausgewählt diesen Artikel zu schreiben? Als eine der Personen in der Radiofabrik, die einen klaren Standpunkt einnimmt und ihn vertritt. Die gegen die Erwartungen des staatlichen Systems agiert und für mehr Gerechtigkeit eintritt. Oft fühlt sich dieses Unterfangen an wie ein Kampf gegen Windmühlen.
Gestern Abend erzählte ich zwei Freund_innen, dass ich einen Artikel schreibe über unsere Politik, warum wir politisch sind und unsere Ansichten teilen wollen, warum wir für eine bessere gerechtere Welt kämpfen. Wir kamen zu dem Schluss, dass es sonst nichts gäbe was wir tun möchten.
Wir sind politisch und wollen unsere Systemkritik verbreitern. Klar ist, dass sich in 5000 Zeichen meine Ansichten nur vage darstellen lassen. Wer mehr wissen will, hört meine Sendungen oder kontaktiert mich. (von Susi Huber)
1 Geklaut von Fehlfarben: Es geht Voran, You Tube: https://www.youtube.com/watch?v=3ckAlX7mSno
2 Räumung der Mainzer Straße: Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Räumung_der_Mainzer_Straße
3 Sister Resist Radio: https://sisterresist.wordpress.com/
4 Sendungen: Radio Termit (April 2011 bis Jänner 2013), Termitinitus: https://termitinitus.org/sendungen
5 Termitinitus | des pfeift: https://termitinitus.org/
6 Creative Commons: Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Creative_Commons
7 Lets Netz: https://sbg.chaostreff.at/projects/letsnetz/
8 1 Mal mit Profis arbeiten: https://1mpa.chaostreff.at/
Susi Huber, Sendungsmacherin bei der Radiofabrik seit 2010 (Sister Resist Radio, Lets Netz) hat keinen Fernseher, dafür um die 100 verschiedene Podcasts zu diversen Themen abonniert (via RSS Feed). Für den normalen Nachrichtenkonsum hört sie Mittagsjournal (Ö1) oder Deutschlandfunk, liest Onlineportale von Tageszeitungen wie „Der Standard“, und auch „Linksinnen Indymed“.
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