Hörenswert: Ibibio Sound Machine – „Pull The Rope“
Zeitreise durch afrikanische Grooves: Ibibio Sound Machine ist gleichermaßen der Sound der goldenen Ära des westafrikanischen Funk und Disco, wie von modernem Post-Punk und Elektro. Und „Pull The Rope“ ist Afro-Funk auf Hochtouren.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 3.5.24 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 9.5.24 ab 00:00 Uhr
Von Lagos nach London
Die Ibibio Sound Machine läuft und läuft und läuft. Gegründet im Jahr 2013 mit dem Ziel, Musik zu kreieren, die Elemente aus dem Afrobeat der 1980er und dem Drum-and-Bass der 90er Jahre miteinander verbindet, erobert das Ensemble mit ihrem Sound die Kritiker-Herzen im Sturm und das Publikum mit Live-Ekstase.
Eno Williams (vocals), Alfred Kari Bannerman (guitar, u.a. bei KonKoma, Osibisa), Anselmo Netto (percussion), Jose Joyette (drums), Derrick McIntyre (bass), Tony Hayden (trombone, synth), Scott Baylis (trumpet, synth) und Max Grunhard (saxophone, synth) veröffentlichten 2022 „Electricity“ (produziert von Hot Chip) und wurden sogleich vom Clash Music „Bright, buoyant, and continually innovative“ betitelt. Ganz zurecht, bei der unglaublichen Verschmelzung westafrikanische Aspekte, Clubelektronik und gefühlvollen Vocals.
Der Bandname Ibibio Sound Machine ist eine Würdigung von Williams Mutter, deren Muttersprache Ibibio war: Williams wurde zwar in London geboren, verbrachte aber die meiste Zeit ihrer Kindheit in Nigeria – ihre Mutter erzählte oft zahlreiche Volks- und Kindergeschichten aus ihrem eigenen Erbe und gab sie an ihre Tochter weiter. Williams ließ sich davon inspirieren und verarbeitete diese Quellen zu Texten, die sie mit modernen Themen verband. Ibibio Sound Machine ist aber mehr als nur eine musikalische Formation geworden, sie ist eine Erfahrung. Ein wabernder, pulsierender Sound, der einen unweigerlich in Bewegung versetzt, gleichermaßen retro und futuristisch ist.
Dance in the rain
Ibibio Sound Machine ist ein Ort der Begegnung und ein Raum für die guten Schwingungen. Eigentlich macht es einfach nur Spaß zuzuhören und sich mitnehmen zu lassen, ob man jetzt will oder nicht, weil man will es ohnehin. Und so ist die Gradwanderung zwischen maximaler Tanzbarkeit und sozialen Anliegen einer Logik folgend, die Protest mit Freude verbindet. Mit „Pull The Rope” beweist Ibibio Sound Machine auch ihren perfekten Grenzgang zwischen Tradition und Innovation, zwischen den Straßen von Lagos, elektronischen Beats und einem Hauch von Nostalgie.
Unerbittlich ist der Rhythmus des Titeltracks, der einen aus dem Sitz reißt. „Got to Be Who U Are” und „Mama Say” strotzen nur so vor Energie und Leidenschaft und zerflirren schönstens zwischen den Acid-Squelches und Synths. „Them Say” und „Political Incorrect” wenden sich gegen die Dunkelheit von Regierungen im täglichen Leben und bieten einen dringend benötigten Raum für Freiheit. „Let My Yes Be Yes“ ist von dringender Lebendigkeit und „Far Away“ fährt dann mit dem elektrisieren Körperschock direkt hinauf, auf einen der Höhepunkte des Albums. Und wer beim post-punkigen „Fire“ stillsitzen kann, der hört definitiv nicht zu. Der unglaublich coole und treibende Mix aus Elektronik und Afro-Funk lässt die Tanzfläche nicht enden, auch wenn es eine Bushaltestelle ist.
„Pull The Rope“ ist eine Reise durch Zeit und Raum, eine Ode an die Vergangenheit und ein Feiern der Zukunft der Musik. Eine Verwurzelung der kulturellen Einflüsse mit Tiefe und Authentizität, die man selten findet.
„Pull The Rope” von Ibibio Sound Machine erscheint am 3. Mai 2024 bei Cargo Records.
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