Civilmedia11: Die Destabilisierung des Qualitätsbegriffes
Warum nicht mal im Radio eine Platte rückwärts spielen, wenn´s gut klingt?
Salzburg, am 15. April 2011
Der traditionelle Qualitätsbegriff wurde am 2. Tag der Civilmedia11 in Salzburg auseinandergenommen – und wieder zusammengesetzt. Qualität ist insbesondere bei den Freien Radios in Östereich ein Thema. Seit der Bund die 14 Freien Sender finanziell unterstützt, sind dort technische und personelle Mindestanforderungen einigermaßen erfüllt. Nun stellt sich die Frage, wie die Qualität der Programme erhöht werden kann.
Als ästhetische Kategorie eingeführt wurde das Konzept der Qualität nach Pierre Bourdieux einst, um die bürgerliche Kultur gesellschaftlich zu verankern. Der Logik vom guten Geschmack gegenüber standen angeblich Chaos und Anarchie. Qualität sei deshalb kein in Stein gemeisseltes Konzept, sondern müsse ständig neu verhandelt werden, betonte Nico Carpentier von der Loughborough University in England. Er sieht eine demokratische Qualität der freien Szene darin, dass sie offenen Zugang zu Medien gewährt. So können etwa betroffene Minderheiten gängigen Stereotypen von Massenmedien selbst entgegen treten.
Anders zu sein als der Mainstream genügt den Freien Radios aber nicht. Es geht auch darum, Interessen und Bedürfnisse des Zielpublikums zu treffen, was ohne handwerkliches Können nicht möglich ist. „Eine schlecht präsentierte Botschaft verliert rasch ihr Publikum“, brachte es Linda Muscheidt von der nichtkommerziellen Radioschule Klipp & Klang in der Schweiz auf den Punkt. Andererseits bedeute Ausbildung keineswegs, alle in ein gleiches Format zu pressen.
Die freien Radiomacher tragen für ihre Sendungen die volle inhaltliche und rechtliche Verantwortung. Die Radios finden dennoch Mittel, um deren Qualitätsbewusstsein zu fördern. In der Radiofabrik Salzburg muss sich jeder Radiomacher nach den ersten Sendungen in einem Feedback-Workshop dem Qualitäts-Urteil ihrer Kollegen stellen. Was in Freien Radios gleichzeitig möglich ist, veranschaulichte ein Konferenz-Teilnehmer am Beispiel eines Freien Senders in Tschechien, wo ein DJ eine Stunde lang Platten rückwärts spielte. Fazit: „Es hat gar nicht so schlecht geklungen. Und der Mann hatte das technische Know how seine verrückte Idee umzusetzen.“
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