Artarium: Eine Gesellschaft, die fällt…
Sonntag, 21. Oktober 2018 ab 17:06 Uhr (WH am Mo 22.10. ab 14:06 Uhr):
“Dies ist die Geschichte einer Gesellschaft, die fällt. Während sie fällt sagt sie, um sich zu beruhigen, immer wieder: Bis hierher lief’s noch ganz gut. Bis hierher lief’s noch ganz gut. Bis hierher lief’s noch ganz gut. Aber wichtig ist nicht der Fall, sondern die Landung.” So heißt es am Ende des legendären Spielfilms “Hass – La Haine” von Mathieu Kassovitz. Genauso gut kann dieses Zitat als Motto unserer (der ganzen Welt) Gesellschaft dienen: Während wir längst im freien Fall auf unser Ende zu rasen, ignorieren wir diesen Umstand, und reden uns stattdessen lieber ein, dass bis jetzt eh noch nichts Schlimmes passiert ist. In diesem Szenario sind wir über den beliebten “Point of No Return“ schon hinaus, und da ist Selbstbeschwichtigung bis nach dem Aufprall ja durchaus naheliegend.
Doch halt, Moment, wiewohl jede/r von uns individuell endlich, sprich sterblich ist, sind die Möglichkeiten zur Gestaltung des Gemeinwesens Gesellschaft sehr ungleich verteilt. Während uns fortwährend die große Freiheit der eigenen Entscheidung und Verantwortung eingesäuselt wird, scheißt man uns gleichzeitig mit vorgefertigten Umständen zu, an denen wir (als die Betroffenen) genau gar nichts ändern können. Und wir fallen immer weiter – aber bis hierher lief’s noch ganz gut…Irgendwie schon ziemlich verrückt. Geistesgestört, möchte man meinen. Womöglich sind wir alle zusammen psychisch krank? Wer bin ich – und wenn ja, warum nicht? Da trifft es sich doch, dass wieder mal ein Sachbuch zum Thema “Depression und ihre möglichen Ursachen” heraus gekommen ist. Nämlich “Lost Connections” von Johann Hari, worin der Autor eine nicht ganz neue These vertritt (die wir etwa aus der Antipsychiatriebewegung oder den Büchern von Arno Gruen kennen), nämlich, dass Depression in der Mehrzahl der Fälle nicht aus einem gestörten Gleichgewicht von Chemikalien im Gehirn heraus entsteht, sondern vielmehr aus einem gestörten Gleichgewicht von Gegebenheiten in der Gesellschaft. Das inflationäre Verschreiben von Antidepressiva ist somit nur in wenigen Fällen wirksam – und dient wohl eher den Interessen der Industrie.
Zur textmusikalischen Illustration unseres Unmuts über das Unrecht empfehlen sich die feinen Beobachtungen von Früchte des Zorns oder der Kleingeldprinzessin und ihren Stadtpiraten. Es ist doch immer irgendeine Industrie beteiligt, wenn man uns auf den Kopf scheißt.
Norbert K. Hund Artarium
Sendungen zum Nachhören
Fairy Tales for Cyborgs
Das lang erwartete neue Album von SoundDiary ist nunmehr erschienen – und mit großer Freude stellen wir es euch hier und heute und in voller Länge vor: FourWord – Fairy Tales for Cyborgs (dessen Gesamtlänge von über 58 Minuten uns zur kürzesten Signation aller Zeiten…
Die Übermuttergottes
Wir leben in einer “toxischen” Welt. Oder etwa nicht? Da wird es Zeit, eine Artarium-Adventandacht zum Thema “falsche Geschichten” zu gestalten. Zumal der Marienfeiertag im Konsumrausch beispielhaft versinnbildlicht, wie toxische Dogmen aus dem Altherrenverein Kirche und das damit verbundene toxische Frauenbild, ich sag nur “Heilige”…
Scenes from a Night’s Dream
Es geht ans Eingemachte. Aber mit Humor, das ist überlebenswichtig. Beginnen wir mit einem Urgestein der hierzulandigen Unterhaltungskunst: Lukas Resetarits, der in seinem Programm “Schmäh” einige Wirklichkeiten bis zur Kenntlichkeit entstellt. Und der endlich auch einem Grundphänomen der peinlich/lustigen Selbstäußerung den nötigen Platz einräumt: dem…
Versenkte Erinnerung
Liebe Leute! Da müht man sich jahrzehntelang herum, dass die Erinnerung ans BÜCHERVERBRENNEN nie vergessen wird, und auf ein Mal taucht (im wahrsten Wortsinn) noch ein Wahnsinn im Umgang mit unerwünschtem Gedankengut auf, das BÜCHERVERSENKEN, von den Staatsbehörden des Austrofaschismus 1934 kurz nach den Februarkämpfen…
Thomas Andreas Beck – Ernst (Album)
Seltsam, im Nebel zu stochern. Oder unter dem Teppich nachzuschauen, was da schon so lang drunter gekehrt wird. Oder doch nicht? Die Generation der Nachkriegskinder ist mit erheblichen Leerstellen im Familiengedächtnis aufgewachsen. Mit Auslassungen, Umdeutungen und Tabus in der Erinnerung. Thomas Andreas Beck allerdings macht…
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