Hörenswert: Bombino mit „Azel“
Spätestens seit dem durchschlagenden Erfolg der Band Tinariwen ist bekannt, dass das Volk der Tuareg eine Affinität für hypnotisch gespielten Rock hat. Das wird durch das aktuelle Album des nigrischen Gitarristen Bombino erneut unterstrichen. Zwar bezeichnet er selbst seine Musik als „Tuareggae“. Auf „Azel“ ist aber das zu hören, was seit Tinariwen nicht unpassend als ‚Desert Blues‘ bezeichnet wird und für diese betörende Rockspielart aus den Wüsten des Maghreb steht.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 15.04.16 ab 14:08 Uhr, Wh am Donnerstag, 21.04.16 ab 00:00 Uhr.
Es muss ein fantastisches Erlebnis sein, wenn sich die Musiker der Tuareg und des übrigen Maghreb in der Wüste Malis für drei Tage zusammenfinden und ihre Musik zelebrieren, die selbst das laute Dröhnen der Stromgeneratoren zu übertönen weiß. Dieses sogenannte „Festival au Désert“ ist mittlerweile weltberühmt und auch Anziehungspunkt für westliche Musiker geworden, die sich hier inspirieren lassen wollen. Mitschnitte der Musik des Festivals sind inzwischen auf diversen Kompilationen erhältlich.
Führt man sich dieses Festival vors geistige Auge, ist man vielleicht imstande nachzuvollziehen welchen Sog diese betörende und rituell dargebotene Rockmusik aus der Wüste auf die Zuhörer imstande ist auszuüben.
Und genau davon vermittelt die Nummer auf „Azel“ „Iyat Ninhay / Jaguar“ mit Ihrem Tempowechsel und den vielen tranceartigen Wiederholungen einen entsprechenden Eindruck. Hier möchte man sich fast bücken und in den Wüstensand greifen.
” Ja, wir spielen Rock und wir werden ja auch immer schneller! Und wir wollen das auch so. Keiner hört sich bei einem Festival mitten in der Nacht nur die leisen Musiker an. Wenn wir spielen, dann bewegen sich alle und je schneller wir spielen, umso mehr und wilder tanzen sie. Das Tempo bestimmt das Gefühl für die Musik und so spielen wir sie dann auch. Und das ist es, was uns am Ende von anderen unterscheidet.”
Diese Kommunikation mit den Zuhörern und die sich daraus ergebende Wechselwirkung ist ein faszinierendes Merkmal dieser Musikkultur, die natürlich eigentlich auf das Liveereignis ausgelegt ist, aber zum Glück auch bis zu einem gewissen Punkt auch als Musikkonserve funktioniert.
Mit dem Dirty–Projectors Mastermind Dave Longstreth hat sich Bombino zudem einen exzellenten und äußerst feinfühligen Produzenten geholt, der in der Lage war den Grundcharakter dieser außereuropäischen Musik zu erhalten und gleichsam für westliche Hörgewohnheiten anzupassen. Denn es ist anzunehmen, dass die Musik von Bombino live doch anders klingen wird, als auf CD mit Produzenten.
Trotzdem wird „Azel“ ‚echten‘ Weltmusikfans zu verwegen-rockig und elektrisch sein (obwohl die Akustik-Gitarre hier eine zentrale Rolle spielt). Leider erwartet die breite Masse von ‚Weltmusik‘ immer noch einen rein akustischen Impetus. Und echten Rockfans wird diese Musik wohl doch zu fremdartig sein. Doch wer das Album einmal ganz durchhört, wird sicher von dieser magisch, fremdartigen Musik und Bombinos originären Gitarrenstil gefesselt werden.
Das Album ist am 1. April 2016 auf Pias UK/Partisan erschienen.
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