Hörenswert: Fragments – Erik Satie
‘Fragments’. So heißt die brandneue Reihe der Deutschen Grammophon, mit der es das Label erstmals in diese Rubrik schafft. ‘Fragments’ widmet sich jeder Ausgabe einem Komponisten und lässt eines seiner Werke von ausgewählten Elektronikern remixen. Die Wahl von Erik Satie am Anfang der Reihe ist eine logische, doch die Musik gewinnt zwar an Groove, verliert aber an Substanz.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 08.07.22 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 14.07.22 ab 00:00 Uhr.
Neu ist das nicht. Bedenkt man, dass der DJ und Produzent Stefan Obermaier aus Schwarzach bereits vor zehn Jahren „Mozart Re:Loaded“ veröffentlichte. Ohnehin war die Klassik schon echt viel unterwegs und musste dauernd irgendwo hingehen: Klassik goes Jazz, Klassik goes Cuba, Klassik goes ChillOut…Doch die Klassik ist bei der Deutschen Grammophon, diesem Traditionsunternehmen mit Anspruch generell in guten Händen. Selbstverständlich müssen aber auch neue Märkte generiert werden. Daher sind Projekte wie dieses mit ihrem erhoffen synergetischen Effekt besonders wichtig.
‚Satie goes Chill Out‘
Was sonst, ausser die Musik von Erik Satie, dem irgendwann jemand das Minimal-Music-Etikett umgehängt hat, wäre für ein Projekt dieser Art wohl besser geeignet. Also doch Satie goes Chill Out. An der ästhetischen Sinnhaftigkeit dieser Art von Projekten kann gezweifelt werden. Aber was aufgelegt scheint, entpuppt sich als schwieriger als gedacht. Größte Problematik sind wohl die Pausen und die Stille, aus der Satie die Töne hervor tropfen lässt. Dieses schwebende Element, das Nähren aus der Stille, ist die Grundlage der kompositorischen Finesse Saties, den nicht wenige als ‘Hobby-Komponisten’ abtun.
Die Deutsche Grammophon hat sich mit Monolink Henrik Schwarz, Pantha du Prince und einigen anderen sehr kreative Elektroniker geholt, die sich wirklich Gedanken gemacht haben und mit ihrer musikalischen Handwerkskunst diesem Wagnis gestellt haben.
„Ich musste mich erst in das Stück einfühlen und es einfach spielen, ohne nachzudenken. Ich wollte das Gefühl bewahren und verstärken und auch die schönen Erinnerungen, die ich mit dem Stück verbinde, anstatt die Musik zu verfremden.“ (Monolink)
In fast allen sogenannten ‘Reworks’ der Elektroniker verliert die Musik durch den Verlust der Stille das Schwebende, das Ruhende und das kristallklare der Kompositionen. Doch der Verlust an Substanz ist gar nicht so bedeutend, wenn dieses Projekt als eine Art musikalische Transformation gesehen wird. Und hier haben sich einige Stücke aus der Musik Saties entwickelt, die sehr gelungen sind. Snorri Hallgrimsson nimmt sich das weniger bekannte “Avant-dernières pensées: I. Idylle“ vor und verwandelt dieses in eine diffuse Elektro-Klangwolke ohne viel Rhythmus. Ähnliches gilt auch für Pantha du Prince mit seiner düsteren Version der “Gymnopédie No. 3”, die bis ins Unerkennbare aufgelöst wird. Saties ‘Hit’ “Gymnopédie No. 3” ist gleich mit drei ‘Reworks’ vertreten. Sowieso sind hier die Gassenhauer sehr prominent. Ein tieferer Einblick in Saties Oeuvre wäre durchaus wünschenswert.
Fragments: Erik Satie ist ein erstaunlich gutes Elektronik-Album, wenn man sich erst einmal von Saties Originalen verabschiedet hat. Was die Auswahl an Elektronikern hier kreativ zustande gebracht hat ist, bis auf wenige Ausnahmen, sensationell. Auf den zweiten Teil dieser Reihe wird gespannt gewartet.
Fragments: Erik Satie ist am 13. Mai 2022 bei der Deutschen Grammophon erschienen.
Playlist:
- Pièces froides: II. Danses de travers, 2. Passer – TWO LANES Rework
- Gymnopédie No. 3 – Henrik Schwarz Rework
- Gnossienne No. 1 – Monolink Nostalgia Remix
- Enfantillages pittoresques: II. Berceuse – Christian Löffler Rework
- Avant-dernières pensées: I. Idylle – Snorri Hallgrímsson Rework
- Gymnopédie No. 3 – Pantha du Prince Rework
- Gnossienne No. 1 – Grandbrothers Rework
- Sonneries de la Rose+Croix: I. Air de l’Ordre – Moritz Fasbender Rework
- Gymnopédie No. 1 – Dominik Eulberg Rework
- Gnossienne No. 5 – French 79 Rework
- Gnossienne No. 1 – Kid Francescoli Rework
- Sonneries de la Rose+Croix: I. Air de l’Ordre – Sascha Braemer 5pm Remix
Lass' uns einen Kommentar da