Hörenswert: Leyla McCalla – „A day for the hunter, a day for the prey“
Auch auf ihrem zweiten Album präsentiert uns die gebürtige Amerikanerin mit haitischen Wurzeln ihren wohltuend unaufgeregten Mix aus Blues, Country und Folk. Zart umgarnt uns dabei ein sehr schlicht gehaltenes Klanggeflecht, das hauptsächlich von Cello, Banjo und Geige getragen wird. Und natürlich ist auch hier die Musikkultur ihrer haitianischen Vorfahren allgegenwärtig.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 17.06.16 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 23.06.16 ab 00:00 Uhr
Nach ihrem Debut „Vari-Colored Songs“ kommt Leyla McCalla gut zwei Jahre später mit einem Album auf den Markt, dass sich von der Grundausrichtung nicht sonderlich von dem Vorgänger unterscheidet: Ob seiner Schlichtheit und Schnörkellosigkeit ist auch „A day for the hunter, a day for the prey“ im Ganzen betrachtet ein Album, dass einfach nur schön sein möchte und jegliche Effekthascherei vermeidet. In Zeiten der allgemeinen Hektik und der Durchökonomisierung jedes Lebensbereichs erzeugt auch Leyla McCallas zweites Album gleich nach den ersten Tönen ein Gefühl, als ob die Zeit stehen bleiben würde.
Wie bei Opa auf seiner Südstaaten- Terrasse scheint man hier auf einmal einer intimen familiären Session beiwohnen zu dürfen. Dieses Bild scheint gar nicht so unangebracht, denn Ehemann Daniel Tremblay musiziert hier fleißig mit. Niedergelassen hat sich das Ehepaar nun in New Orleans. Und auch der neue Wohnsitz scheint sich etwas auf die Musik in Form von einigen Cajun-Anklängen niedergeschlagen zu haben.
Sowieso ist das Frankophone schon auf „Vari-Colored Songs“ durch das traditionelle haitianische Songbook stets präsent. Auch auf „A day for the hunter, a day for the prey“ finden sich erneut einige traditionelle haitianische Lieder, wie z.B. „Peze Café“, und diese sind auch hier die herausragenden Nummern des Albums. Nicht zu überhören ist bei dieser Nummer der unverkennbare Sound von Marc Ribot, der hier ganz dezent sein wunderbares Gitarrenspiel beisteuert. Mit „Salangadou“ widmet sich McCalla einem kreolischen Volkslied und unterstreicht nochmals ihr Talent als feinfühlige Interpretin alter Traditionals.
Im Gegensatz zu ihrem Debutalbum wird das Klangbild auf „A day for the hunter, a day for the prey“ ganz unterschwellig mit ein paar Streichern, einer Klarinette oder eben einer E-Gitarre aufgefrischt. Allerdings fällt diese zusätzliche Orchestrierung klanglich kaum ins Gewicht. Markant im Klangbild ist der Verzicht von Drums und Percussion, abgesehen von einer ganz spärlich eingesetzten Triangel (oder Ähnlichem), was der Stimme natürlich viel Raum lässt und die ganze Erscheinung recht feingliedrig wirken lässt. Neben den hier dargelegten Vorzügen hat Letzteres nicht nur Vorteile. Denn etwas Beat hier und da würde dem Album sicher gut tun und etwas mehr Pep verleihen.
Alles in Allem ist „A day for the hunter, a day for the prey“ ein durchaus gelungener und würdiger Nachfolger von den „Vari-Colored Songs“. In seiner Gesamtheit aber erscheint die Musik dann doch etwas zu monochrom. Das macht das Album recht vorhersehbar und Überraschungen bleiben natürlich komplett aus. Doch das war sicher auch nicht unbeabsichtigt.
Das Album ist am 10. Juni 2016 auf Pias/Jazz Village erschienen.
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