Hörenswert: Omniversal Earkestra – “Le Mali 70”
Was herauskommt, wenn eine Berliner Big-Band einen Ausflug nach Mali macht und daraus ein Projekt entsteht, das sogar eine Förderung erhält? Ein wilder Mischmasch, bei dem akkurate und recht klassisch arrangierte Bläsersätze auf die Musikkultur Malis in Gestalt eines Allstar-Ensembles treffen. Le Mali 70 lassen hier die alten Big-Band-Hits eben dieser Verortung neu erklingen. Eine interkulturelle Reise voller Perlen, jedoch nicht immer ganz stilsicher.
Hörenswert. Das RF-Album der Woche ist zu hören am Freitag, 04.12.20 ab 14:08 Uhr, Wiederholung am Donnerstag, 10.12.20 ab 00:00 Uhr.
Es waren zwei ganz unterschiedliche Strömungen, die sich in Westafrika Anfang der Siebziger Jahre entwickelten: Während Fela Kuti mit Hilfe von Tony Allen den ‘Afrobeat’ kreierte und einen recht westlichen Ansatz verfolgte in den Jazz und Funk eine große Rolle spielte, entwickelte sich in Mali eine Big-Band-Kultur, die traditionelle Konzepte mit kubanischer Rhythmik mischte. In der Blütezeit dieser Ära existierten einige große Orchester, wie die Rail Band, Les Super Bitons de Segou oder, Le Mystère Jazz de Tombouctou, die einen ganz eigenen originären Stil entwickelten. Natürlich erreichten diese nicht den Bekanntheitsgrad eines Fela Kuti, der auch englisch sang und neben dessen strahlende Erscheinung es ohnehin schwer war gesehen zu werden. Trotz dieses ganz eigenen Ansatzes und mit all seinen Ecken und Kanten erreichten diese Bands auch außerhalb Malis einen gewissen Bekanntheitsgrad.
Nun wurden diese inzwischen um die 50 Jahre alten Hits dieser Ära neu eingespielt. Den Anstoß dazu gab allerdings die Berliner Big-Band Omniversal Earkestra (die mit diesem Namen Sun Ra huldigen). Als große Verehrer der Malischen Musik wollten sie diese selbst direkt vor Ort entdecken. Was dann dabei herauskam, war das Projekt Le Mali 70, bei dem die Berliner, zusammen mit allen großen Namen der westafrikanischen Musik wie Salif Keita, Cheick Tidiane Seck, Pacheco, Mouneissa Tandina (RailBand), Abdoulaye Diabaté (Kene Stars de Sikasso), Jimmy Soubeiga (Super Biton de Segou), ElHaj Mahalmadane, Boucar Traoré (Le Mystere Jazz de Tombouctou) und Sory Bamba deren alte Nummern neu interpretierten.
Diese Art von Projekten nicht immer gute Musik hervorbringen, wurde schon oft genug bewiesen. Zu groß die kulturellen Unterschiede und zu fremdartig die Musik. Nicht jeder besitzt eben eine so afrikanische Seele wie Jimi Tenor; zumal sich das Omniversal Earkestra mit gerade dieser Art von Musik in einen engen Rahmen mit einigen rhythmischen Herausforderungen begibt. Letztere meistern das Earkestra glänzend und erzeugen oft einen fetten Sound, der im richtigen Kontext voll abgehen kann. Doch nicht immer passt der akkurate Ansatz und die neue funkig-jazzige Attitüde zu den traditionellen malischen Kompositionen. Somit haben wir mit Le Mali 70 eine Art von interkulturellem Konzeptalbum vorliegen das sich von der Genialität der alten Kompositionen und der individuellen Klasse der Musiker tragen lässt. So kann auch über die nicht ganz gelungenen Momente, in denen das Omniversal Earkestra einfach zu akademisch agiert, getrost hinweggehört werden.
“Le Mali 70” ist am 13. September 2020 auf Trikont erschienen.
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